Berufsorientierung
„Mit einer Zwei wird jeder abgesaugt“ – Erster Elternabend zur Berufsorientierung für die Oberstufe am JEG
Abitur- und dann? Mit dieser Frage sollte man sich als Schüler nicht erst nach, sondern bereits während der Schulzeit beschäftigen. Deshalb fand am 30. 11. um 19:00 Uhr in der Aula des Julius Echter Gymnasiums Elsenfeld ein Elternabend zur Berufsorientierung statt. Etwa hundert Zuhörerinnen und Zuhörer, darunter auch viele Schülerinnen und Schüler der Q 11 und Q 12 lauschten interessiert den Ausführungen der externen Netzwerkpartner des Gymnasiums.
Schulleiterin Petra Hein dankte in ihrer Begrüßung Lehrerin Andrea Schneider, die als Koordinatorin für Berufliche Orientierung diese Veranstaltung organisiert hatte. Ebenso ging ihr Dank an die Referentinnen und Referenten, die an diesem Abend über (Duales) Studium und Ausbildung informierten. Die Notwendigkeit der Berufsorientierung unterstrich sodann Andreas Schneider, für die es oft den Anschein hat, dass sich die Abiturientinnen und Abiturienten zu spät darüber Gedanken machen, was sie einmal werden wollen.
Studienberatung direkt am JEG
Den Anfang bestritt Christine Löbel, Studien und Berufsberaterin am BIZ Aschaffenburg. Als ehemalige Abiturientin des JEG ist sie der Schule besonders verbunden. Passend zur Jahreszeit startete Löbel mit einem als Adventskalender gestalteten Quiz zu Studiengängen und Studienorten, welche in der Region besucht werden können. Dabei stellte das Publikum erstaunt fest, dass selbst exotisch anmutende Studiengänge wie „Animation und Game“ in der Nähe angeboten werden, nämlich in Dieburg. Bei diesem riesigen Angebot an Studiengängen stelle sich natürlich die Frage, wohin die Reise gehe. Über 10 000 Studiengänge und 500 Ausbildungsrichtungen machen dabei für Schülerinnen und Schüler die Wahl schwierig. Darüber hinaus muss man schon in der Q 11 Bewerbungsfristen im Kopf haben, denn Bewerbungen für ein Duales Studium werden zirka ein Jahr vorher eingereicht.
Um die Wahl nicht zur Qual werden zu lassen, verwies Christine Löbel auf das große Glück, direkt am JEG eine Studienberatung anbieten zu können. Dafür genüge ein unbürokratischer Listeneintrag, und da ihr Beratungszimmer direkt gegenüber den Aufenthaltsräumen der Kollegstufe liege, sei der Weg auch kurz. Am Schluss unterstrich die Studien- und Berufsberaterin die Elternrolle bei der Berufsfindung und riet zu „engagierter Gelassenheit“.
Die TH-Aschaffenburg: Immer eine gute Wahl
Als Nächstes stellten Mariella Bilz, ehemalige Studierende, und Melanie Hartmann, Koordinatorin der TH-Schulkontakte, die Technische Hochschule Aschaffenburg vor. Deren großer Vorteil liege darin, dass sie mit knapp 3400 Studierenden eine eher kleine, aber feine Hochschule sei. „Jeder kennt hier jeden“, so Melanie Hartmann, „und jeder werde abgeholt.“ Aktuell bietet die TH 26 Studiengänge an, die nach sieben Semestern mit dem Bachelor oder nach weiteren drei Semestern mit dem Master abgeschlossen werden können. Im Unterschied zu einer Universität ist das Studium deutlich praxisorientierter: So ist das fünfte Semester als Praxissemester angelegt. Ganz neu im Programm ist seit dem Semester 2022/23 das Duale Studium der Hebammenkunde als Bestandteil der neuen Fakultät Gesundheitswissenschaften. Im Fachbereich Ingenieurswissenschaften bietet die TH nicht nur klassische Studiengänge an sondern auch echte Schmankerl, wie „multimediale Kommunikation und Dokumentation“. Diesen Studiengang hat Mariella Bilz wegen seiner Vielschichtigkeit und kreativen Zugangsmöglichkeiten gewählt; während eines Unternehmenspraktikums hat sie bereits ihren zukünftigen Arbeitgeber kennengelernt, bei dem sie nun als Onlinemarketing-Managerin tätig ist.
Prof. Dr.-Ing. Martin Meißner, Prodekan der Fakultät Ingenieurwissenschaften, der quasi als Überraschungsgast ebenfalls an der Veranstaltung teilnahm, hob im Anschluss an eine Publikumsfrage hervor, dass alle Absolventinnen und Absolventen der TH Aschaffenburg mit anständigen Abschlüssen sehr gute Berufsaussichten hätten: „Wenn man fertig ist, ist man weg. Mit einer Zwei werden alle abgesaugt“.
Handwerk mit Zukunft
Danach referierte Claudia Glas von der Handwerkskammer Unterfranken. Ihr Vortrag zeigte einmal mehr die Richtigkeit der alten Weisheit, dass Handwerk goldenen Boden hat. Und anders als oft kolportiert, ist auch im Handwerk eine Karriere möglich, nämlich als Inhaber eines eigenen Unternehmens. Dabei gelte, so Glas, dass Leidenschaft immer noch das beste Handwerk sei. Mittlerweile ist diese Weisheit auch bei den Abiturientinnen und Abiturienten in Bayern angekommen, von denen etwa 11 Prozent nach dem Abitur eine Ausbildung ergreifen – Tendenz steigend. Claudia Glas verwies auch darauf, dass Abschlüsse im Handwerk den universitären gleichgestellt sind: der Meisterbrief entspricht einem Bachelordiplom, und mit dem Betriebswirt (IHK) gebe es eine Entsprechung zum Master.
Doch wie findet man seinen Traumberuf? Ganz wichtig ist das Ableisten von Praktika. So wisse ein angehender Architekt oft nicht, wie die Arbeitsrealität auf einer Baustelle beschaffen sei. Abschließend verwies Glas auf die besonderen Anreize für Abiturienten, welche die Ausbildungsdauer um ein Jahr verkürzen könnten.
Elektroniker 4.0
Quasi als lebenden Beweis hatte Claudia Glas einen Praktiker aus dem Handwerk mitgebracht. Manuel Rohleder von der Firma MS Elektrotechnik war genau der Richtige, denn er brennt oder, besser gesagt, glüht für seinen Beruf, die Elektrotechnik. Gleich zu Anfang räumte Rohleder mit gängigen Stereotypen zum Beruf des Elektrotechnikers auf. Fachkräftemangel einerseits und Industrie 4.0 andererseits machen auch vor dem Handwerk nicht halt. Kabel ziehen und Anschlüsse legen war gestern, der moderne Elektroniker – oft mit Abitur - ist mit Smartphone und Tablet ausgerüstet, um etwa anspruchsvolle Berechnungen für die Installation einer Photovoltaikanlage durchzuführen. „Mit dem Gesellenbrief ist noch lange nicht Schluss.“ Das beweist Manuel Rohleders eigener Werdegang; nach seiner Ausbildung zum Elektrotechniker und einem Umweg über die Industrie hat er als Betriebswirt bei der MS Elektrotechnik seine berufliche Heimat gefunden.
Entscheidende Rolle der Eltern im Berufsfindungsprozess
Einen gelungenen Schlusspunkt setzten sodann Christine Herrmann und Matthias Kreß von der „AusbildungsOffensive-Bayern“, einer Initiative der bayerischen Metall- und Elektroindustrie. Mit einer Übernahmequote von 90% im Jahr 2022 betonten auch sie den goldenen Boden einer Ausbildung und räumten zugleich mit dem Klischee auf, dass es in der Metallindustrie dreckig gefährlich und anstrengend sei. Gerade für Abiturientinnen und Abiturienten biete sich im Rahmen des Dualen Studiums die Möglichkeit, nicht nur von Beginn an sein eigenes Geld zu verdienen, sondern auch spätere Berufsfelder intensiv zu erkunden.
Die entscheidende Rolle der Eltern war die inhaltliche Klammer des Abends, auf die auch die beiden Vertreterinnen der AusbildungsOffensive zu sprechen kamen. Eltern seien im Rahmen der Berufsfindung Motivator, Wegweiser und Unterstützer. Sie sollten ihren Kindern mögliche Vorteile eines Berufs näherbringen, ihnen anhand von Berufsprofilen Orientierung geben und schließlich bei der Stellensuche helfen. Wer sich über Praktikumsmöglichkeiten in der Region informieren will, kann dies zum Beispiel unter der Adresse sprungbrett-bayern.de tun.
Am Ende einer an Informationen reichen Veranstaltung war dem Publikum klar, dass der Weg zum Beruf im Zeitalter eines beschleunigten, vor allem digitalen Wandels nicht leichter geworden ist, aber viele Unterstützer bereitstehen, welche den Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums bei der Orientierung hilfreich zur Seite stehen.
Und schließlich gibt es noch die Homepage des JEG, auf der unter „https://julius-echter-gymnasium.de/konzept-bo/“ alle wichtigen Informationen und Kontakte dieses Abends nachzulesen sind, wie Andreas Schneider zum Abschluss des ersten Berufsinformationsabends am JEG versprach.
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