Ein Jahrhundert - vier Feste
Über die Tradition der Heimatfeste in Waldstetten - Teil 3

- hochgeladen von Helga Frisch
Das Heimatfest vom 29.Juli bis 31.Juli 1950
"Man spricht heute viel von europäischem Zusammenschluss, es gibt Weltbürger. Aber unser Fest ist deshalb nicht unmodern geworden. Ein schlechter Heimatbürger kann kein guter Weltbürger sein" - Dr. Josef Künkel, Festrede 1950
Alles andere als unmodern sind auch die Worte aus der Festrede 1950. Obwohl schon 75 Jahre alt, erscheint vieles auf verblüffende, und leider auch tragische Weise heute noch aktuell.
Dennoch blieben die Waldstetter, nur wenige Jahre nach dem Ende des zweiten großen Krieges, ihrem Grundsatz treu und veranstalten, wiederum unter ungewöhnlichen Voraussetzungen, ihr zweites Heimatfest.
Waldstetten musste in den Jahrzehnten zuvor einen enormen Bevölkerungsschwund verkraften. In Folge des Weltkrieges jedoch, lag die Zahl der Waldstetter Bürger im Jahr 1950 bei einem Rekordhoch von 920 Einwohnern. Ursächlich dafür war eine hohe Zahl von Heimatvertriebenen, Evakuierten und Flüchtlingen. Eine Stellungnahme nach einer Begehung des Gesundheitsamtes vermittelt ein Bild über die damaligen Wohnverhältnisse: „Der Kranke muß mit seiner 6-köpfigen Familie, darunter ein Säugling und ein Kleinkind, in einem Raum zusammen hausen.“
Doch trotzte man den unerfreulichen Bedingungen. Und so begann das zweite Heimatfest in Waldstetten am Samstag, den 29.07.1950 um 6:00 Uhr in der Frühe mit einem gemeinsamen Gottesdienst zum Gedenken an alle Verstorbene der Gemeinde. Dies war der erste von insgesamt drei Gottesdiensten, die im Festverlauf gefeiert wurden. Auch der Festsonntag begann mit einem musikalischen Weckruf um 6:00 Uhr, dem unmittelbar danach ein Frühgottesdienst folgte. Um 9:00 Uhr traf man sich erneut in der Kirche, zu einem feierlichen Leviten-Amt mit Festpredigt.
Neben dem geistlichen Teil kam jedoch auch das weltliche Vergnügen nicht zu kurz. Los ging es samstags zu später Stunde um 21:30 Uhr mit einem Fackelzug und anschließendem Festbankett. Am Nachmittag des Festsonntags wurde den zahlreichen Gästen ein stattlicher Festzug präsentiert. Im Anschluss ging es zu Musik, Gesang und Tanz auf den Festplatz am Ortsausgang Richtung Bretzingen. „Zur Steigerung der Feststimmung trugen Blaskapelle und Gesangverein nicht wenig bei“ wusste auch die Zeitung zu berichten. Der Festmontag begann um 13 Uhr mit einem Festzug der Dorfkinder und endete mit Darbietungen und Volksliedern auf dem Festplatz.
Eine Zeitung berichtete über die Heimattage in Waldstetten mit einer gewissen Ironie: „Kaum waren am Sonntag früh die letzten Schritte der Heimwärtswankenden verhallt, so weckte schon wieder flotte Marschmusik die Schläfer.“
Ortspfarrer Josef Scheuermann fand anerkennende Worte für den Festverlauf, jedoch war er mit dem Ausklang der Heimattage nicht recht einverstanden: „Aber die folgende Nacht: ‚Nachfeier der Waldstetter vom Heimattag‘. Ein Grab der Unschuld! Der Heimattag wurde unter der Parole ‚für den Turm u. die neuen Glocken‘ aufgezogen. Der viele Kuchen dafür verkauft; aber es blieb nichts dafür übrig!“
Damit sollte er nicht recht behalten. Bereits am Ostermontag im Jahr darauf feierte man Glockenweihe.
Waldstetten darf stolz sein auf eine der schönsten Dorfkirchen im Umkreis, die beim 5. Heimatfest vom 05.Juli bis 07.Juli 2025 selbstverständlich für alle Besucher zur Besichtigung geöffnet sein wird. Die gesamte Einwohnerschaft freut sich auf viele Gäste!
Fortsetzung folgt!
Autor:Helga Frisch aus Waldstetten |
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