Rentenkürzungen
Rentner gehen komplett leer aus
Leserbrief zu „Zwingendes Sozial- Moratorium“ v. 26.2.2024 v. Frau Heike Göbel
Für die Finanzierung der Bundeswehr will Minister Lindner nach Auslaufen des Sondervermögens im
Bundeshaushalt 2025 ein Zeichen setzen. U.a. fordert er ein dreijähriges Sozial- Moratorium für neue
Sozialausgaben. Daraus schließt Frau Göbel zwingend, dass sowohl die Kindergrundsicherung
gestoppt werden müsste, als auch die Haltelinie beim Rentenniveau in Höhe von 48 % nicht über
2025 hinaus verlängert werden dürfte. Für sie ist das eine „maßvolle Verkleinerung des sozialen
Netzes“. Zudem würden beide Vorhaben ja die gewünschten neuen Prioritäten in der Verteidigung
konterkarieren. Aus Rentnersicht heißt das, dass ich mit den Kürzungen meiner Rente über die
bestehenden 9 % hinaus (das ist die bereits existierende Absenkung des Rentenniveaus) ab 2026
weitere Rentenkürzungen akzeptieren soll, nicht nur wegen der demografischen Entwicklung, wie
bisher immer argumentiert wurde, sondern jetzt zusätzlich um den steigenden Wehretat
mitzufinanzieren. Das wird vor allem viele Millionen Rentnerinnen und Rentner im
Einkommensbereich der Armutsgefährdung empfindlich treffen. Zudem würden dadurch mehrere
Millionen Rentner sehr schnell den Gegenwert in Höhe von ca. 50 Euro Rentenanteil verlieren, den
sie heute für eineinhalb Jahre abgeleistete Wehrpflicht erhalten (mein Wehrsold hatte damals 69 DM
im Monat betragen!). Mit diesem eingesparten Geld soll dann also die „vernachlässigte staatliche
Kernaufgabe des Schutzes der äußeren Sicherheit“ erschlossen werden, um Frau Göbel zu zitieren.
Der Gedanke an diese grausame Realität lässt Zweifel an einer solidarischen und auch nur halbwegs
gerechten Grundeinstellung der beiden Personen aufkommen. Wie Geier kreisen sie um die Rente
und sind sich für keine noch so unsoziale Attacke auf diese für Millionen Bürger existentielle
Altersversorgung zu schade. Gesteigert wird das ganze Horrorszenario dabei noch zusätzlich um die
Tatsache, dass gleichzeitig unsere finanziell wesentlich besser gestellten Pensionärinnen und
Pensionäre, die bislang nur eine Absenkung ihres Pensionsniveaus um 4,33 % hinnehmen müssen,
also weniger als die Hälfte der Kürzungen beim Rentenniveau, keine weiteren finanziellen Beiträge
zur Haushaltsstabilität zu schultern brauchen, schon gleich gar nicht um Rüstungsausgaben zu
finanzieren. Und das obwohl doch aktuell die Inflationsausgleichsprämie für eine prächtige
Pensionserhöhung von bis zu 2.152,50 Euro netto sorgt, bei der gleichzeitig die Rentner komplett
leer ausgehen, was die FAZ im Übrigen ganz bewusst ihren Lesern vorenthält. Auch die
Pensionssteigerungen für 2024 in Höhe von bis zu 143,50 Euro Sockelbetrag und darauf weitere 5,3 %
sind gigantisch im Vergleich zu den erwarteten 3,5 % Rentenerhöhung. Offensichtlich zählen aber
Pensionserhöhungen im Gegensatz zu Renten nicht zu den Sozialausgaben, sodass es sogar
wünschenswert erscheint, z.B. die Pensionen für unsere Soldaten möglichst stark zu erhöhen, weil
wir damit ja unsere Verpflichtung erfüllen, die Verteidigungsausgaben zu steigern, zudem dann noch
bequem durch Rentenkürzungen finanziert! Absurdere Politik geht kaum noch. Wer die Rettung des
Staatshaushalts, dabei konkret für die Verteidigung, vor allem in Rentenkürzungen sieht, sollte dann
bitte das Wort „sozial“ nicht mehr verwenden, weil er diesen Begriff völlig falsch versteht. Das zeigt
sich z.B. auch in der von Frau Göbel aufgestellten Behauptung, die Haltelinie beim Rentenniveau
hätte den Generationenausgleich in der Rente teils ausgehebelt. Fakt ist jedoch, dass die Haltelinie
lediglich zusätzliche einseitige Rentenkürzungen verhindern soll. Zudem hat sie sich bislang ja noch
gar nicht ausgewirkt, da sie nie erreicht wurde und somit auch nichts aushebeln konnte. Im Übrigen
besagt der Generationenvertrag ausdrücklich, dass die Renten den Löhnen folgen, was aber durch
die Rentenkürzungsfaktoren und jetzt gerade auch durch die Inflationsausgleichsprämie ohnehin
schon verhindert wird, wodurch die Rentner bereits erhebliche Sparbeiträge zu Gunsten des
Bundeshaushalts leisten. Aber auch da stellt sich wieder die Frage: warum die einseitige Forderung
nach Generationenausgleich nur bei der Rente, nicht aber genauso bei den Pensionen? Zudem muss
sich Minister Linder fragen lassen, wie sein Sozial- Moratorium zur außergewöhnlich starken
Erhöhung des Kindersteuerfreibetrags in diesem Jahr passt, wodurch die finanzielle Besserstellung
unserer Spitzenverdiener gegenüber den Normalverdienern noch weiter ausgebaut wird. Dafür ist in
seinem Haushalt offensichtlich immer genug Geld vorhanden. Im Gegensatz dazu unternimmt er
nichts gegen die verfassungswidrige Rentendoppelbesteuerung. Sie wird durch die in diesem Jahr
erfolgte Erhöhung des Steueranteils auf 84 % bei Neurentnern sogar noch weiter verschärft, ohne
dass die FAZ dies beklagen würde. Mein Fazit: für die Klientel von Minister Lindner ist das Sozial-
Moratorium nicht vorgesehen und Frau Göbel leidet ohnehin offensichtlich unter einer
Rentenphobie.
Autor:wolfgang winter aus Sulzbach a.Main |
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