Kulturwochenherbst
Meisterhafte Künstlerinnen spielen meisterhafte Werke
Welch meisterhafte Arbeit der Kleinheubacher Orgelbauer Johann Christian Dauphin in der Sulzbacher St. Anna-Kirche geleistet hat, ist auch nach rund 200 Jahren beeindru-ckend. Rund 150 Zuhörerinnen und Zuhörer hörten am Sonntagabend fasziniert zu, wie Organistin Amelie Held das Instrument zum Klingen brachte und buchstäblich alle Register zog. Mit ihren Stimmen verzauberten die Sopranistinnen Anna Feith und Yvonne Prentki das Auditorium.
Das Konzert, das traditionell den Auftakt zum Kulturwochenherbst des Landkreises Miltenberg bildet, lockte zahlreiche Gäste in die Sulzbacher Kirche, so dass der Kirchenraum bis fast zum letzten Platz gefüllt war. Dass dieses Konzert im jährlichen Terminkalender einen festen Platz finden kann, ist auch der guten Zusammenarbeit des Landkreises mit dem Markt Sulzbach und Bell’Arte Frankfurt RheinMain zu verdanken, die das Konzert in ihrer Veranstaltungsreihe „Historische Orgellandschaft Frankfurt RheinMain“ führt. „Ein wunderbares Doppelereignis“ sei das Konzert, stellte Landrat Jens Marco Scherf zu Beginn des Konzerts fest und bezog sich auf die Tatsache, dass das Konzert die Reihe „Historische Orgellandschaft Frankfurt RheinMain“ abschließt und zugleich den mittlerweile 30. Kulturwochenherbst im Landkreis Miltenberg eröffnet. Dass die Kultur im Landkreis Miltenberg einen so hohen Stellenwert hat, führte der Landrat auch auf die Unterstützung des Kreistags zurück, aus dessen Reihen er zahlreiche Rätinnen und Räte begrüßte. Die Dauphin-Orgel verbinde die Vergangenheit mit der Zukunft und biete Genuss in der Gegenwart, so Scherf.
Auch Sulzbachs Bürgermeister Martin Stock war die Freude über ein einerseits hochwertiges Konzert und andererseits über die sehr gut gefüllte Kirche anzumerken. Für den Markt Sulzbach sei es Freude und Ehre zugleich, Gastgeber dieses Konzerts unter dem Motto „Barock virtuos“ zu sein, sagte er und würdigte in diesem Zusammenhang die langjährige und gute Zusammenarbeit der politischen Gemeinde mit der örtlichen Pfarrgemeinde.
Eine fachliche Einführung in das Konzert gab Gerhard Jenemann, im Landkreis bestens bekannt – unter anderem durch Auftritte des von ihm geleiteten Süddeutschen Kammerchors in Miltenberg. Das Konzert sei eigentlich sogar ein Dreifach-Konzert, wies er auf die Beteiligung der Klanglandschaft Mainfranken hin. Er ging auf die Bedeutung der Orgel im Barock ein und stellte die Komponisten kurz vor, deren Werke im Konzert zur Aufführung kamen. So seien Dietrich Buxtehude und Philipp Friedrich Buchner Vorbilder von Johann Sebastian Bach gewesen, wusste Jenemann. Die Musik der beiden sei allerdings in Vergessenheit geraten, dank einiger Musikwissenschaftler aber wiedererweckt worden. In Johann Pachelbel sei ein weiterer wichtiger Vertreter des Barocks im Konzert vertreten.
Dass die drei Künstlerinnen den Geist des Barocks verinnerlicht haben, zeigte sich nach kurzer Zeit: Amelie Held, die nicht umsonst zur jungen Elite ihrer Zunft gezählt wird, zog die Orgelregister und ließ die Klänge von der Empore bis in den letzten Winkel der St. Anna-Kirche dringen. Leise und zerbrechlich, dann wieder laut und klanggewaltig – Helds Spiel der Orgel mit der perfekten Verschmelzung der Register verdeutlichte, warum es beispielsweise Johann Sebastian Bachs bekannte „Toccata und Fuge in d-Moll“ sogar zu Erfolgen in der populären Musik bringen konnte. Johann Pachelbel, ein Zeitgenosse Bachs, dessen weltberühmte Popularität hauptsächlich auf dem „Kanon in D“ fußt, kam in Sulzbach mit seiner „Fantasia in g“ und „Ciccona D-Dur“ zu Gehör. Girolamo Alessandro Frescobaldis Kompositionskunst stellte Amelie Held mit der „Toccata Ottava F-Dur“ unter Beweis. Frescobaldis Einfluss auf andere Komponisten war so groß, dass ihm später auch Pachelbel und Buxtehude nacheiferten.
Mit Bachs „Präludium und Fuge d-Moll“ entführte Held die aufmerksam zuhörenden Gäste im Kirchenraum in barocke Zeiten zurück. Im perfekten Duett sorgten die Sopranistinnen Anna Feith und Yvonne Prentki für Gänsehaut – etwa in Buchners „Gaudens Gaudebo“ aus den Concerti Ecclesiastici oder in „Adiuro Vos“, ebenfalls aus den Concerti Ecclesiastici. Mit Dietrich Buxtehudes „Präludium BuxWV 141 E-Dur“ wurde das Publikum schließlich in den stürmischen Abend entlassen mit der Dankbarkeit, die Werke einiger lang vergessener barocker Komponisten wieder gehört zu haben.
In der St. Anna-Kirche wurde deutlich, warum Bach vor allem Dietrich Buxtehude und Philipp Friedrich Buchner zurecht zu seinen Vorbildern zählte und ihr Einfluss auch in seinen Werken Niederschlag fand.
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