Fast filmreif und schon eine Legende: 20 Jahre Honischer Altweiber-Fasnacht in Niedernberg

Impressionen von der Honischer Altweiber-Fasnacht 2015. Gesehen - heute ab 11.11 h in Niedernberg, Landkreis Miltenberg.

Es sind wenige Minuten nach elf Uhr am Donnerstag, 12. Februar 2015. Schülerinnen und Schüler der Mittelschule haben gerade ihre zweite Pause, eine andere Gruppe wartet geduldig auf den Schulbus nach Großwallstadt:

Man freut sich auf den baldigen Sportunterricht und auf die letzte offene Ganztagesbetreung, die letzte vor den Faschingsferien. Großwallstadt ist Handballsport-Hochburg.

Tagesgespräch unter den Schülern sind die gestrigen Sporterfolge bei einem Schüler-Wettbewerb. Sehnlichst wartet man auf Sport und Spiel, damit verbundener Spaß stellt sich automatisch unter den Kids wohl ohnehin ein.

Kleine Grüppchen von Frauen bewegen sich fast zeitgleich unauffällig in Richtung Rathausplatz, wo ab 11 Uhr 11 die dortige Honischer Altweiber-Fastnacht startet.

Fast pünktlich zündet Monika Jung mit einer Gehilfin eine Feuerwerks-Raketenbatterie. Weißer Rauch legt sich über das Arreal rund um das Rathaus.

Ist der Rauch schließlich nach ein paar Minuten verzogen, treten die "Honischer Oldweiwer" in Aktion. Man schunkelt und trinkt erfrischenden O-Saft oder prickelnden Sekt. Eine kleine, aber temperamentvoll spielende Musikgruppe darf auch nicht fehlen.

Und wehe ein männliches Wesen nähert sich dem närrischen Treiben. Das wird kritisch begutachtet. Trägt der Mann eine Krawatte, ist es um ihn geschehen und es wird nicht lange "gefackelt" .

Schnipp Schnapp - eine Schere trennt das Schmuckstück in zwei Hälften: ein Stück bleibt am Hemdskragen hängen, das andere Relikt wird mitgenommen und mit einem Tacker an einem aufgespannten Regenschirm fixiert.

Auch Niedernbergs Bürgermeister Jürgen Reinhard muss heute diese Prozedur überstehen. Er erträgt es soverän - mit Geduld und Routine.

Ein Handwagen, eine "Scheese", wartet nebenan- bestückt mit Luftballons, Krapfen, Sektflaschen, Gläsern und Gebäck.

Gleich geht der Zug los durch Niedernbergs Straßen zu öffentlichen Gebäuden, Geschäften und Privatleuten. Dort wird gehalten, geschunkelt, gesungen, getanzt und Sekt ausgeschenkt. Über eine kleine Spende freut sich die weibliche Truppe ohnehin.

Originell sind die Verkleidungen der närrischen Damen: sie haben einen "Touch" aus den frühen Jahrzehnten des 20. Jahrhundert. Edgar Reitz, der bekannte Drehbuchautor und Regisseur von "Heimat" hätte sicherlich seine wahre Freude über den Auftritt und das "Outfit" der Niedernberger Frauen.

In der Tat fühlt man sich als Beobachter in eine andere Zeit versetzt, wären da nicht die aufblitzenden Handys und Fotocameras der jung gebliebenen Damen, die die Szenerie in gekonnten Schnappschüssen der Nachwelt in Erinnerung behalten möchten.

Stolz und selbstbewusst versammelt sich eine kleine Frauengruppe vor einem zwanzig Jahre alten, im Wechselrahmen aufwahrten Gruppenbild: sie zeigt sie als Gründungsmitglieder der Niedernberger Weiberfasnacht vor zwanzig Jahren.

Sie haben sich kaum verändert. Ausgestattet mit "BSS", mit Becher, Schere und Sekt, sind sie - wie ihre jüngeren Mitstreiterinnen - an diesem Donnerstag so richtig in ihrem närrischen Element.

Der Straßenfasching ist - nicht nur in Niedernberg - eröffnet!