Timo Hildebrand ehrte Sieger.
JVA Rockenberg gewinnt Sepp-Herberger-Pokal
Adelsheim.bd. Seit dem Jahr 2013 beteiligt sich das Land Baden-Württemberg mit dem Adelsheimer Jugendgefängnis am Projekt „Anstoß für ein neues Leben“ der Sepp-Herberger-Stiftung. Am Wochenende fand der jährliche Höhepunkt des Projekts, das Turnier um die Deutsche Fußball-Meisterschaft der Jugendvollzugsanstalten, nun erstmals im Bauland statt. Den Sepp Herberger Pokal 2023 errang bei den männlichen Jugendlichen das Team der JVA Rockenberg und entführte ihn nach Hessen, während sich bei den Frauen das Team der JVA Zweibrücken gegen die Schicksalsgenossinnen aus Köln und Iserlohn durchsetzte.
Qualifiziert hatten sich 10 Männer- und 3 Frauenmannschaften aus 10 Bundesländern, die weitesteten Anreisen nahmen die Fußballer aus den JVAen Schleswig, Neustrelitz und Berlin auf sich, die wie auch die Teams aus Hameln und Herford bereits seit freitagnachmittag in Adelsheim zu Gast waren. Ihre Betreuer und die Organisationsverantwortlichen der Gastgeber waren am Freitagabend der Einladung der Stiftung zum Grillabend gefolgt, der vom örtlichen SV Germania ausgerichtet wurde. Dieser kooperiert mit der JVA seit nahezu 50 Jahren.
Nach der Begrüßung und Turniereröffnung durch Anstaltsleiterin Katja Fritsche und Nico Kempf, dem stellvertretenden Geschäftsführer der Stiftung, traten die beiden Anstaltsseelsorger Martin Reiland und Michael Schumacher in Aktion und nahmen die Platzweihe des während Corona auf Kunstrasen umgebauten JVA-Spielfeldes vor.
Danach wurde der Spielbetrieb der Vorrundengruppen auf zwei Kleinfeldern aufgenommen, als Sieger der Halbfinalspiele hatten sich die Mannschaften aus Rockenberg und vom Seehaus e.V. Leipzig/Leonberg, wo Strafvollzug in freien Formen praktiziert wird, für das spannende Herren-Finale qualifiziert. Im 9 – Meter-Schießen hatten die Hessen dann mit 3:2 die Nase vorn. Aus den Händen des ehemaligen Nationalspielers Timo Hildebrand, der früheren Bundesministerin Christine Lambrecht und des 1. DFB-Vizepräsidenten Ronny Zimmermann erhielten die Siegerteams die DFB-Meisterplakette. Hildebrand, der 2007 mit dem VfB Stuttgart Deutscher Meister wurde, betont: „Über den Fußball erhaltet ihr wichtige Impulse für eure Persönlichkeitsentwicklung. So lehrt der Sport Werte wie Zusammenhalt, Disziplin oder Widerstandsfähigkeit, die euch für euer zukünftiges Leben auf und neben dem Platz Orientierung bieten können.“
Die Damenteams ermittelten den Pokalsieg in einer Vor- und Rückrunde. Der erstmalig ausgelobte Fairplay-Pokal ging an die Frauen JVA Köln.
Neben den Turnierspielen war vom Badischen Fußballverband ein Aktionsfeld mit 3 Stationen angeboten - mit Torwandschießen, Schuss- Geschwindigkeitsmessungen sowie Sprintmessungen- die besten Teams bzw. Teilnehmer wurden auch hier prämiert. Ebenso war die Agentur für Arbeit als Kooperationspartner des Anstoß-Projekts mit einem Pavillon präsent. Hier wurden den mehr als 100 teilnehmenden Inhaftierten Informationen rund um Ausbildung und Beruf geboten um auch berufliche Perspektiven für Zeit nach der Inhaftierung aufzuzeigen. Mit virtuellen 3 – D Reality Brillen war es möglich, sich in Betrieben und Ausbildungsstätten außerhalb der Mauern umzuschauen, außerdem sich bundesweit über freie Arbeits- und Ausbildungsplätze zu informieren.
In der Pause vor den Finalspielen wurde mit den prominenten Gästen aus Stiftung, DFB, Arbeitsagentur und Justizministerium in einer Talk-Runde auf das Anstoß-Projekt und das Turnier näher eingegangen. Die frühere Bundesjustizministerin Christine Lambrecht ist Kuratoriumsmitglied der DFB-Stiftung Sepp Herberger und hob die ganzheitliche Ausrichtung der Anstoß-Initiative hervor: „Die Jugendlichen bereiten sich in den drei Kategorien ‚Fußball´, ‚Arbeit/Beruf/Schule` und ‚Soziales` gemeinsam auf die Zeit nach ihrer Inhaftierung vor. Dadurch werden den Teilnehmenden vielseitige Chancen und Möglichkeiten für eine erfolgreiche Wiedereingliederung in die Gesellschaft geboten.“ Den Stellenwert der Initiative für die Zeit nach der Haftentlassung betonte auch Stefan Schubert, Geschäftsführer operativ der Agentur für Arbeit Schwäbisch Hall-Tauberbischofsheim: „Wir setzen uns dafür ein, dass die Jugendlichen nach ihrer Inhaftierung eine berufliche Perspektive haben.“ Ronny Zimmermann, Präsident des Badischen Fußballverbandes, freute sich über den sportlichen Einsatz der Teilnehmenden. „Ihr spielt einen großartigen Fußball, der von hoher Intensität, aber auch Fairness geprägt ist. Wir möchten euch dabei helfen, dass ihr nach der Inhaftierung den Weg in die Fußballvereine findet. Dort könnt ihr Gemeinschaft erfahren und ein neues Umfeld aufbauen.“ Dr. Joachim Müller, Leiter des Referats Vollzugsgestaltung und Behandlung im Ministerium der Justiz und für Migration Baden-Württemberg, betonte „Wir sind stolz darauf, als Gastgeber diese großartige Veranstaltung unterstützen zu dürfen, die einmal mehr die verbindende Kraft des Fußballs in den Fokus rückt“. Ein besonders Lob für die reibungslose Ausrichtung hatte Ronny Zimmermann dann für Gastgeberin Katja Fritsche und ihren Cheforganisator Heiko Link von der Adelsheimer JVA parat: „Wenn der Schiedsrichter-Lehrwart des Fußballkreises Buchen der örtliche Verantwortliche ist, dann hat man das Kreuz-Ass!“.
Fritsche war trotz des „nur“ 5. Platzes ihrer Mannschaft zufrieden und resümierte: „Ich bin begeistert und überwältigt von der Motivation und dem Fairplay der jungen Menschen, die trotz der enormen Temperaturen bis zur letzten Minute alles gegeben haben. Es war eine tolle Atmosphäre, ein rundum gelungenes Turnier, das nicht nur den Akteur*innen auf dem Platz in Erinnerung bleiben wird, auch für die Mitarbeitenden ein ganz besonderes Erlebnis war.“
Autor:Horst Berger aus Buchen |
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