Silvester und Neujahrstag 2024/2025
Weißer Wal im Main gesichtet?
Silvester
Gerardus Baron von Sachsen
sitzt breitbeinig im Sessel,
die Augen glasig,
sein Bademantel schief zugeknotet,
eine Hand um ein Weinglas,
die andere wuchtig auf dem neuen Tagebuch:
„Mein Plan für 2025“.
Stefanie Baronin von Sachsen,
geduldig wie immer,
sitzt gegenüber,
die Beine über einander geschlagen,
die Augenbraue skeptisch hochgezogen.
„Gerardus,“ sagt sie,
„du bist betrunken.“
„Ich bin inspiriert!“ ruft er.
„Und außerdem ab Mitternacht trocken.“
Der Plan
„Kein Alkohol, Schatz.
Ein ganzes Jahr. Wir reinigen Körper, Geist und… und…“
„Dein bizarres Chaos vielleicht?“ unterbricht sie.
„Genau!“ röhrt er.
„UND wir wagen den großen Sprung!
Neujahrstag, nackt, in den Main.
Eine holländische Tradition! Symbolisch,
mutig, reinigend!“
Stefanie schnaubt.
„Mutig ist, dich nüchtern zu ertragen.“
„DU kommst mit!“ befiehlt er.
„Das ist unser gemeinsamer Neubeginn!“
„Nackt? Im Main? Gerardus, ich hab Grenzen.“
„Gut, dann halt im Badeanzug.
Aber ich – ich werde frei sein!
Wie die Natur mich schuf!“
Mitternacht - der Aufbruch
Um Punkt zwölf,
während halb Wertheim Raketen in den Himmel schießt,
stößt der Baron seinen letzten Schluck Dom Pérignon herunter,
steigt wankend in den VW Sharan
und dirigiert Stefanie wie ein betrunkener Kapitän:
„Runter zum Main, mein Engel! Das Abenteuer ruft!“
Der Sharan, bis obenhin vollgepackt mit Decken,
Thermoskannen und einem fragwürdigen „Erste-Hilfe-Set“,
rollt durch die Nacht,
bis er direkt am Main zum Stehen kommt.
„Gerardus, du gehst nicht etwa einfach rein, oder?“
fragt Stefanie,
während der Baron bereits die Hose fallen lässt.
„Doch, Stefanie, das ist MÄNNLICHKEIT!
Das ist TRADITION!“
Der große Sprung
Ohne eine Sekunde zu zögern,
schmeißt der Baron seine gesamte Kleidung auf den Boden.
Seine weiße Haut leuchtet im Mondlicht
wie ein Leuchtstab in einer dunklen Grotte.
Mit einem brüllenden „FÜR HOLLAND!“
rennt er los,
tritt auf einen vereisten Stein,
rutscht kurz,
fängt sich wieder,
und springt kopfüber in den Main.
Das Wasser ist kalt.
So kalt, dass es das Gehirn lähmt.
Doch der Baron schreit nicht.
Er singt.
„Oh, die See ruft uns hinaus, die Winde heulen laut!“
Hallt es über den Fluss,
während Stefanie fassungslos am Ufer steht,
eine Alfi-Thermoskanne in der Hand
und einen Blick, der ganze Städte niederbrennen könnte.
Stefanies Versuch
„Das war’s,“ murmelt sie.
„Ich probier’s auch. Nicht nackt. Nicht wie ein Irrer.
Aber ich hab’s versprochen.“
Sie zieht den Fuß aus dem Gummistiefel,
steckt einen Zeh ins Wasser,
und… NEIN.
„Das ist kein Wasser, Gerardus.
Das ist flüssiger Tod.“
Doch der Baron hört sie nicht.
Er treibt mittlerweile stromabwärts,
sein Bauch wie ein leeres Weinfass,
während er ein holländisches Seemannslied singt,
das niemand verstehen kann.
Moby Dick im Main
Da tauchen sie auf:
Die Fischerkähne.
Scheinwerfer erhellen die Nacht.
„Da! Da vorne!“ ruft einer der Fischer.
„Da ist er!!! Er ist es!! Es ist Moby! Moby Dick!! Der weiße Wal!“
„Das ist kein Wal,“ ruft Stefanie.
„Das ist mein Mann, er ist Holländer.“
Sie reagiert schnell.
Steigt auf einen der Kähne,
schnappt sich ein Netz
und schreit:
„Holt ihn da raus, bevor er harpuniert wird!“
Die Fischer, irritiert,
werfen das Netz aus,
und der Baron wird wie ein zappelnder Aal
an Deck gezogen.
Das große Finale
Gerardus, zitternd,
die Lippen blau,
die Augen selig vom Frost und Wahnsinn,
wird in eine Decke gewickelt.
Stefanie reicht ihm einen Becher.
„Heißgetränk“, murmelt sie.
Er nimmt einen Schluck.
„Das ist Glühwein!“ keucht er.
„Natürlich,“ sagt sie trocken.
„Dein Jahr ohne Alkohol hat jetzt schon keinen Sinn mehr.“
„Stefanie,“ murmelt er,
„du bist der beste Kapitän,
den ich jemals hatte.“
„Und du bist das Wrack,
das ich jedes Jahr wieder aus dem Fluss ziehen muss.“
Sie stoßen an.
“Prost, auf 2025 - auf unsere Liebe!!
Und jetzt ab nach Hause,
wir brauchen eine kleine Stärkung!!”
Autor:Gerardus Wilhelmus Theodorus Cornielje Baron von Sachsen aus Wertheim |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.