Aller Unkenrufe zum Trotz: Windparks in der Region lassen sich wirtschaftlich betreiben
Mönchberg. Auf der Jahreshauptversammlung der Energiegenossenschaft Untermain (EGU) staunten die Genossen nicht schlecht. Vorstand Martina Römmelt-Fella stellte die Zahlen der EGU-Beteiligung am Windpark „Großer Wald“ Hettingen/Rinschheim vor, dessen Ertrag mit 35,32 Mio. kWh so deutlich über dem prognostizierten Soll lag, dass eine Ausschüttung von stattlichen 10Prozent an alle Kommanditisten beschlossen werden konnte. Dies ist bereits das dritte Jahr in Folge, in denen dieser Windpark überaus zufriedenstellende Gewinne abwirft. Auf die Frage, was denn an diesem regionalen Windpark so anders sei, als die, die von den Windkraft-Gegnern oft als Subventionsgräber dargestellt werden, erwiderte Vorstand Karlheinz Paulus, dass das wirtschaftliche Betreiben eben kein Taschenspielertrick sei, sondern eine Frage guter Planung und sauberer Kalkulation, sprich: geeignete Standorte, auf die spezielle Windhöffigkeit abgestimmte Anlagen(größen), und realistische Planungs- und Nebenkosten, wie Anschluß, Pacht, Verwaltung. Für das Jahr 2015 wurden vom Betreiber des Hettinger Windparks 700.000 € ausgeschüttet, hiervon entfielen dann immerhin 4.900 € auf die EGU.
Karlheinz Paulus legte dar, dass für die Standorte im Odenwald mit Höhen über 400m gute wirtschaftliche wie ökologische Bedingungen vorliegen, und stellte weiterhin eine mögliche Beteiligung der Genossen an diesem Windparks in Aussicht. Auch die ersten Ergebnisse der avi-faunistische Untersuchungen für die Standorte Boxbrunn und Mainbullau haben ergeben, dass aus naturschutzrechtlichen Gründen die Anlagen errichtet werden können.
Paulus merkte aber an, dass die vom bayerischen Verfassungsgerichtshof kürzlich bestätigte 10H Regelung in Zukunft die Planungen behindern wird. Aber die Streichung eines wichtigen Punktes wurde durch das Gericht bestätigt: das Einvernehmen mit der Nachbarkommune muss nicht hergestellt werden, was faktisch bedeutet, dass diese somit die Planungen der Standortkommune nicht mehr blockieren können.
Photovoltaik ist weiter rentabel und auch langlebig
Dann folgte gleich eine weitere gute Nachricht: aufgrund von Dachsanierungsarbeiten bei der Volksschule in Mönchberg ergab sich für die EGU die Möglichkeit, eine PV-Anlage mit einer Leistung von 35 kWp zu installieren. Der erzeugte Strom wird vollständig ins Netz eingespeist. Die regional kreditfinanzierten Investitionskosten von 45.000 € können selbst bei der stark gekürzten Einspeisevergütung von 12,36 Ct/kWh noch eine Rendite von ca. 3-4 % abwerfen, hierbei hilft natürlich der z.Zt. extrem günstige Zinssatz.
Für die vor kurzem parlamentarisch beschlossene Novelle des Erneuerbaren Energien Gesetzes, welche die Direktvermarktung des erzeugten Stromes größerer Anlagen vorsieht, hat der EGU Vorstand auch bereits Lösungen parat. Künftig könnten für neue Anlagen regionale oder überregionale Energieversorger den Vertrieb des Stromes übernehmen.
Dass Photovoltaik langlebig ist, bewies die Genossenschaft mit Hilfe des von ihr durchgeführten Wettbewerbs „Wir suchen die ältesten … PV-Anlagen“. Die Poster mit dem netten älteren Ehepaar, das stolz ein Foto seines Daches mit Solaranlage in den Händen hält, hing über mehrere Wochen in den Gemeinden, Sparkassen und Raiffeisenbanken der Region und lud die Besitzer von älteren Anlagen ein, sich am Wettbewerb zu beteiligen. Die zahlreichen Anmeldungen widerlegten eindrucksvoll das von Gegnern der Photovoltaik gerne vorgebrachte Argument, dass die Anlagen doch mehr Energie verbrauchten, als sie jemals erzeugten, da diese doch gar nicht so lange halten würden. Die älteste gemeldete Anlage aus Mainaschaff läuft seit 1992 – also bereits 24 Jahre! - und tut immer noch brav ihren Dienst. Auch die für damalige Verhältnisse (1996) große Anlage von 5kWp, futuristisch aufgeständert auf dem Gelände der Firma Oswald in Miltenberg, ist noch intakt, nur die Wechselrichter mußten in der Zwischenzeit ausgetauscht werden. Die Gewinner der ausgelobten Preise werden im Juni in einer kleinen Feierstunde bei der Energieagentur Untermain geehrt.
Mitglied Lutz Loebel, der für das Monitoring der bestehenden PV-Anlagen der EGU zuständig ist, verdeutlichte anhand von Meßwerten, wie wichtig die Kontrolle der Anlagen ist. So konnte eindeutig belegt werden, dass sich die Erträge die Anlage auf dem relativ flachen Dach des Weingutes in Klingenberg nach der gerade stattgefundenen Reinigung um 15 Prozent verbessert hat. Die EGU hofft allerdings, dass eine solche Reinigung eine Ausnahme bleiben wird, und bedingt war durch die staubigen Straßenarbeiten der letzten Zeit und dem Großbrand in unmittelbarer Nachbarschaft der Anlage.
Die EGU wächst weiter
Schließlich hatte der Abend mit seinen knapp 40 Teilnehmern auch noch Grund zu feiern, konnte doch das 300. Mitglied offiziell geehrt werden. Und die Tendenz ist weiter steigend, die nächste Hunderter-Marke wird bereits angepeilt, denn seit der Sitzung im letzten Jahr konnten 89 Mitglieder gewonnen werden. Sicher hat die Einführung eines EGU-Ökostrom-Tarifes mit der emb als Energieversorger zum Wachstum der EGU auf aktuell 313 Mitglieder beigetragen. Und das Interesse am Voranbringen der regionalen Energiewende durch gezielte Projekte im Bereich der Erneuerbaren Energien ist weiter vorhanden. Großes Lob gab es seitens der Mitglieder hier zum Beispiel für die Investition der EGU in das Holzhackschnitzel betriebene Nahwärmenetz Schmachtenberg, das inzwischen knapp 30 Haushalte, Kirche und die Tischtennishalle mit Wärme und warmem Wasser versorgt.
Zur Neumitgliedergewinnung regte Mitglied Bernd Kempf an, weiterhin mittels Infoständen mit Bürgern ins Gespräch zu kommen, wie er es im letzten Jahr mehrfach erfolgreich an verschiedenen Standorten getan hat.
Wie soll die EGU weiter agieren?
Um die Stimmung und Meinungen der Mitglieder zu erfragen, wählte die EGU einen neuen Weg. Anhand von vier Meinungspostern konnten die Anwesenden Entscheidungspunkte verteilen. Zu entscheiden waren hierbei Fragen wie „Soll die EGU auch überregional tätig werden?“, „Was steht im Vordergrund Wachstum oder Sicherheit?“, „Soll die EGU weitere Geschäftsfelder wie z.B. Stromspeicher oder Elektromobilität erschließen?“, „Soll am Thema regionale Windkraft weiter gearbeitet werden?“ Die vergebenen Punkte waren teils sehr eindeutig, teils wird die Diskussion weitergehen. So entschieden sich die Mitglieder wieder dafür, eine Dividendenauszahlung für dieses Geschäftsjahr zurück zu stellen und favorisierten einen moderaten Wachstumskurs, der durchaus auch überregionale Ansätze haben soll. Die EGU erhielt von ihren Mitgliedern außerdem quasi den Auftrag, weitere Projekte aus dem gesamten Spektrum der Erneuerbaren Energien zu akquirieren.
Entlastung des Vorstandes und Bilanzzahlen
Die Genossen zeigten sich zufrieden mit der Arbeit des Aufsichtsrates und des Vorstandes, die beide ohne Gegenstimme entlastet wurden. Die Jahresbilanz, vorgestellt von Martina Pletschke, wies zwar ein Minus von knapp über 20 Tausend Euro aus, was bei der Menge an neuen Projekten und einer Bilanzsumme von über 1,6 Millionen aber niemanden wirklich erstaunte. Das bislang größte Projekt der EGU, die Dorfheizung in Schmachtenberg bedingt weiterhin große Abschreibungen und da viele Anschlußteilnehmer im letzten Winter noch ihre Restbestände an Öl oder Gas aufbrauchen durften, konnten die Umsätze hier noch nicht die Planzahlen erreichen. In seinem Grußwort betonte der stellvertretende Landrat und Bürgermeister Mönchbergs Thomas Zöller, dass er voll hinter diesem mutigen EGU-Projekt stehe, da es durch den Einsatz heimischer Holzhackschnitzel die regionale Wertschöpfung mit der Energiewende in optimalen Einklang bringe und er hoffe, dass es weitere solcher Projekte geben möge.
Informationen zur EGU unter www.energiegenossenschaft-untermain.de
Autor:Andrea Stahl aus Mönchberg |
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