KAB-Webtalk zu Corona & Politik
Mehr Verantwortung übernehmen!
Der Betriebsrat Heiko Kern (WIKA) und der Betriebsseelsorger Peter Hartlaub (KAB), berichten im wöchentlichen KAB-Webtalk "Corona & Politik" von den aktuellen Entwicklungen in den Betrieben und wie die Arbeitnehmer davon betroffen sind. Es zeigt sich, dass in den größeren Betrieben, die in unterschiedlichen Märkten zuhause sind, die Arbeit weiter geht. Große Probleme gibt es in Betrieben mit einseitiger Abhängigkeit und schon länger anhängigen Problemlagen (z. B. Automobilindustrie) und kleinen Unternehmen, deren Kapitaldecke nur wenige Wochen abdeckt. Betroffene Arbeitnehmer sind vorläufig materiell gesichert. Aus Sicht der Teilnehmer wird es entscheidend sein, ob die jetzt übertragene Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger wahr genommen wird, um den Virus dauerhaft klein zu halten. Die Perspektive dazu wird in einem weiteren KAB-Webtalk im Gespräch mit Alexander Hoffmann (MdB) und Bernd Rützel (MdB) am Mittwoch, den 13. Mai um 17.30 Uhr diskutiert.
"Gesundheit oder Wirtschaft?" - diese bedeutende Frage wurde im Laufe der Diskussion so beantwortet: In den produzierenden Betrieben ist es im Rahmen der geregelten Abläufe relativ gut möglich, die Menschen untereinander vor Infektionen zu schützen. Zum Beispiel gab es auch in der Firma Wika (Klingenberg) mehrere Personen mit positiver Covid-19-Diagnose. Allerdings führte dies nicht zu einer massenhaften Ausbreitung, sondern lies sich isoliert behandeln. Der Betrieb konnte immer aufrecht gehalten werden. Die betroffenen Personen wurde aus dem Prozess genommen und wurden gesund. Für andere Teilnehmer der Diskussion mit direktem Kundenkontakt blieb diese Frage freilich unbestimmter und riskanter.
Dagegen ist das Verhalten vieler Menschen in der Freizeit für einige Teilnehmer des KAB-Webtalks eindeutig besorgniserregend. Mehrfach wurde die Einschätzung abgegeben, dass sich weniger im formalen Bereich von Arbeit oder Unterricht das Problem entwickelt. Vielmehr scheint die aktuelle Lockerungsdiskussion dazu zu führen, dass die Vorsichtsmaßnahmen in Familie und Freizeit gänzlich fallen. Daran hätte die Politik mit ihrer wechselhaften Orientierung eine Teilschuld. Es war aber vor allem ein dringender Appell zur Eigenverantwortung, die jetzt gefragt sei und im sozialen Miteinander eingefordert werden sollte. Aus dieser Dimension heraus kam die Sorge auf, dass die Epidemie wieder aufflammt und eine zweite Welle der Einschränkungen notwendig macht. Dann, so die Einschätzung, würde es vor allem die kleinen Betriebe mit ihrer geringen Kapitaldecke nicht mehr packen, im Geschäft zu bleiben. Gerade daraus könnte sich ein hohes Maß an Arbeitslosigkeit ergeben. Schon jetzt wurde berichtet, dass Branchen mit fortgesetztem Lockdown, Insolvenzen verzeichnen. Zum Beispiel wurde von einer Reiseverkehrsfachfrau berichtet, die jetzt auf Altenpflege umschult.
In diesem Zusammenhang wurde darauf aufmerksam gemacht, dass die aktuelle Debatte zu staatlichen Stützungsmaßnahmen, maßgeblich von den großen Lobbygruppen getrieben wird. Dem gegenüber steht nach Wahrnehmung der Diskussionsteilnehmer, dass gerade die Vielzahl von Kleinbetrieben, die eigentlich gefährdeten Unternehmen sind. Hier wurde ein Perspektivwechsel der Politik eingefordert. Hinzu kommt, dass sich eigentlich potente Großunternehmen die Krise zu Nutze machen, um strukturelle Probleme, die schon vor Corona erkennbar waren, jetzt in Form von Personalabbau zu erledigen - oder für deren Erhalt staatliche Unterstützung einzufordern. Hier wurden insbesondere die Automobilindustrie mit ihren Überkapazitäten veralteter Verbrennungstechnik angesprochen, allerdings auch andere Beispiele genannt.
Mit Blick auf die wirtschaftlich schwierige Zeit nach der akuten Krise, kommentierte Heiko Kern, dass es möglich sein sollte, die Unternehmer genauso wie die Belegschaften zu einem solidarischen Handeln zu gewinnen. Die zurückliegenden Boomjahre und die Stabilität der Beschäftigung bieten eine gesunden Grundlage, dass man auch einen Abschwung überstehen könnte. Wichtig ist für ihn, dass die Kultur im Gesundheitssschutz für die Mitarbeiter erhalten bleibt. Die Überarbeitung der Lieferketten hin zu weniger einseitiger Abhängigkeit könnte sogar dazu führen, dass für deutsche Unternehmen neuen Chancen entstehen.
Peter Hartlaub erkennt für die gesamte Gesellschaft die Notwendigkeit einer neue Solidarität. Wenn sich die Gefahr von Arbeitslosigkeit so unstrukturiert ausbreitet, braucht es seiner Ansicht nach ein solidarisches Grundeinkommen, damit erst mal alle Menschen vom Kleinkünstler über den Facharbeiter bis zum Rentner eine Grundsicherung erfahren. Darüber hinaus fordert er eine neue Diskussion darüber, wie Erwerbsarbeit geteilt werden kann, damit sich möglichst alle Menschen an der produktiven Gestaltung der Gesellschaft einbringen können. Dazu, so Peter Hartlaub, müsste "das Tabu der Lastenverteilung" aufgebrochen werden. Er fordert, dass im Sinne von katholischer Soziallehre und Grundgesetz, die starken Schultern mehr tragen müssen, um diese gesellschaftliche Herausforderung zu bewältigen.Nach Einschätzung des Betriebsseelsorgers auch eine Gelgenheit, um "mehr Verantwortung zu übernehmen."
Der nächste KAB-Webtalk "Corona & Politik" ist am Mittwoch, den 13. Mai von 17.30 bis 19.00 Uhr mit den Abgeordneten des Deutschen Bundestages aus dem Wahlkreis Miltenberg / Main-Spessart: Alexander Hoffmann und Bernd Rützel. Informationen und Anmeldung unter www.kab-miltenberg.de oder direkt an: kab-aschaffenburg@bistum-wuerzburg.de
Autor:Joachim Schmitt aus Niedernberg |
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