Tragfähiges Konzept für die Clingenburg-Festspiele gesucht
Pressekonferenz: Aller Voraussicht nach 2020 keine Festspiele auf der Burg
In einer Pressekonferenz im Klingenberger Rathaus am Montag, 14. Oktober, legten Renate Binsack, zweite Vorsitzende des Festspielvereins und Jens Haßelbeck, Schriftführer und weiteres Mitglied im Vorstand der Clingenburg-Festspiele, dar, warum sie sich gezwungen sahen, Insolvenzantrag zu stellen. Mit dabei war auch Bürgermeister Ralf Reichwein, der die Situation aus Sicht der Stadt Klingenberg beleuchtete. Vorsitzender Rainer Markens konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen, hatte aber nach Aussage seiner Vorstandskollegen volles Einverständnis mit der Vorgehensweise erklärt.
Am Dienstag, 5. November, 19 Uhr, ist zu dem Thema eine außerordentliche Mitgliederversammlung im Gutsausschank Klingenberg anberaumt. Laut Binsack und Haßelbeck ist Fakt, dass die Zuschauerzahlen 2019 hinter den Erwartungen lagen. Rund 1.000 Besucher fehlten bei der Rocky Horror Show - obwohl es drei Vorstellungen mehr gab als bei der Westside-Story im vergangenen Jahr - und rund 750 weniger Zuschauer als erwartet waren es bei Shakespeare in Love. Dies habe dazu geführt, dass im August bereits eine Unterdeckung der Kosten abzusehen war. Zwar habe die Besucherzahl bei den Kindervorstellungen (Das Sams) die Erwartungen übertroffen, aber angesichts der niedrig gehaltenen Eintrittspreise hätten die Einnahmen die Lücke nicht schließen können. Es gebe immer mehr Konkurrenz, mit eine Ursache, dass die Spiele auf der Burg einen Einbruch bei den Zuschauerzahlen verkraften müssten. Die Frage sei, ob die Produktion von kostenaufwendigen Musicals überhaupt noch eine Zukunft habe.
Seit Jahren seien die Festspiele unterfinanziert gewesen und die Rücklagen seien nun aufgebraucht. Um überhaupt in eine neue Saison starten zu können, sei ein Startguthaben von 150.000 Euro nötig, damit die laufenden Kosten gedeckt werden könnten. Erst am 7. Oktober hätten die konkreten Zahlen vorgelegen, so Binsack. Einem Guthaben von gut 100.000 Euro hätten am 7. Oktober Verpflichtungen von zirka 200 000 Euro entgegen gestanden. Weitere Rechnungen seien danach eingegangen. Hauptgläubiger sei die Stadt Klingenberg mit 130.000 Euro. Die Bereitschaft, den Betrag zu stunden, sei seitens der Stadt da gewesen, so Bürgermeister Reichwein.
Das reiche aber nicht aus, erklärte Haßelbeck. Selbst wenn die vom bayerischen Staatsministerium zugesagten 60.000 Euro flössen - allerdings nur dann, wenn die Insolvenz abgewendet werden könne - klaffe immer noch eine Lücke von zirka 30.000 Euro. Dringend notwendig sei die Anschaffung einer neuen Tonanlage mit Kosten von 90.000 Euro. Bereits in der letzten Saison sei abzusehen gewesen, dass diese Anschaffung nicht mehr hinausgeschoben werden könne.
Die Clingenburg-Festspiele und das Konzept sind nach 26 Jahren Spielzeit in die Jahre gekommen. In der derzeitigen Konstellation mit einem ehrenamtlich agierenden Verein könne dies angesichts der finanziellen Situation nicht mehr weiter geführt werden. Das stellten die beiden Vorstandsmitglieder klar. 85 Prozent Eigenmittel und 15 Prozent Zuschüsse bei einem Budget von rund 1,5 Millionen Euro, das sei ein ungutes Verhältnis, zumal das Geld bei den Sponsoren nicht mehr so großzügig flösse wie noch vor einigen Jahren.
Bürgermeister Reichwein zeigte sich enttäuscht: »Der endgültige Todesstoß war die Prognose des Insolvenzverwalters.« Doch der Rathauschef hegt die Hoffnung, dass es 2021 weiter geht. In einer anderen Form als bisher.
Am 5. November ist eine Mitgliederversammlung anberaumt, bei der die bisherigen Vorstandsmitglieder ihre Ämter zur Verfügung stellen werden. »Wenn sich jemand findet, der bereit ist, weiter zu machen, stehen wir dem nicht im Wege«, so Renate Binsack. Jens Haßelbeck traf als Jurist die Feststellung, dass es grob fahrlässig sei, zu einem »weiter so« zu raten.
Der Insolvenzantrag war bereits im August gestellt worden. Nun wird das Gericht aller Voraussicht nach das Verfahren einleiten. Lesen Sie dazu auch folgenden Beitrag: Nach 26 Jahren: Die Clingenburg-Festspiele müssen aufgeben.
Autor:Ruth Weitz aus Obernburg am Main |
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