Scheinselbständigkeit – ein Thema und viele Antworten
Seit der Gesetznovellierung des Arbeitnehmberüberlassungsgesetzes (kurz AÜG) ist auch die sogenannte „Scheinselbständigkeit“ wieder in den Fokus gerückt. Um etwas Licht ins Dunkel zu bringen, fand am Donnerstag vergangener Woche die Veranstaltung des BVMW „Fragen zur Scheinselbständigkeit“ in den Räumen von con.tax in Großwallstadt statt.
Wie sich schon bei der Veranstaltung zum Thema „Arbeitnehmerüberlassungsgesetz und Werkverträge“ im Juli 2017 des BVMW (Bundesverband mittelständische Wirtschaft) herauskristallisierte, bestehen gerade zu diesem Thema sehr viele Fragen. Deshalb wurde die Information zur Scheinselbstständigkeit noch einmal explizit herausgegriffen.
Das Podium war hochkarätig besetzt. Neben den beiden Anwälten Jörg Döhrer (Rittershaus Rechtsanwälte Partnergesellschaft mbH) und Mike Kramer (Kanzlei Wimber, Kramer und Partner) hatte Beatrice Brenner (Leiterin des Kreisverbandes Aschaffenburg-Miltenberg) auch Gerhard Roth von der Rentenversicherung eingeladen. Die Moderation übernahm Marco Feyh, einer der Geschäftsführer von con.tax. Wie groß das Interesse an diesem doch recht komplexen Thema ist, zeigte allein schon die Anzahl der Gäste. Die Veranstaltung war ausgebucht.
Jörg Döhrer betonte, dass es sich um Einzelfallentscheidungen handelte. Eine Tatsache die Gerhard Roth von der Rentenversicherung bejahte. Seine Behörde treffe tatsächlich viele Entscheidungen, abhängig vom Einzelfall „aus dem Bauch heraus“. „Man muss die Kirche schon im Dorf lassen“, fasste er zusammen.
Der Rentenversicherung gehe es in erster Linie darum, Menschen zu schützen, die aufgrund einer eventuell erzwungenen Scheinselbständigkeit gerade am Existenzminimum leben. Denn es gebe durchaus Auftraggeber, die sich durch den Einsatz von Scheinselbständigen nicht nur die Sozialversicherungsbeiträge sparen wollten, sondern auch Urlaubstage und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Roth stellte klar: Wird so ein Arbeitgeber erwischt und ist dann auch noch der Zoll beteiligt, droht in den meisten Fällen sogar noch ein Strafverfahren.
Clearingverfahren kann Aufschluss geben
Einige Anhaltspunkte, ob eine Scheinselbständigkeit vorliegt:
• Der Freiberufler oder Gewerbetreibende ist seinem Aufraggeber gegenüber weisungsgebunden
• Es wird hauptsächlich oder ausschließlich für einen Auftraggeber gearbeitet
• Es kann keine Entscheidung über Arbeitszeit oder den Arbeitsort durch den Auftragnehmer gefällt werden
• Der Beauftragte ist in den Arbeitsprozess eingebunden und nutzt Raum und Arbeitsgeräte des Auftraggebers
• Die Tätigkeit wurde vorher beim Auftragnehmer in einem Angestelltenverhältnis ausgeübt
• Die Tätigkeit wird auch von fest angestellten Mitarbeitern ausgeübt
• Die Höhe des Salärs kann entscheidend sein
Bestehen immer noch Unsicherheiten, ob Scheinselbständigkeit oder nicht, kann eventuell ein sogenanntes Clearingverfahren Klarheit bringen. Dieses muss direkt bei der Deutschen Rentenversicherung Bund beantragt werden. Der Nachteil hier ist allerdings, dass diese Verfahren recht lange dauern können.
Das Resümee der Veranstaltung: Hat der Auftragnehmer Angestellte oder ist Inhaber einer GmbH, dann ist auch der Auftragnehmer auf der sicheren Seite. Dennoch, übereinstimmend wurde festgestellt, das Thema Scheinselbstständigkeit ist äußerst komplex und wird Unternehmer noch einige Jahre in Atem halten.
Autor:Miriam Weitz aus Obernburg am Main |
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