IRONMAN World Championship Hawaii - Ein Traum wird wahr!
Nach langer Vorbereitung und ein paar richtig coolen Tagen auf Big Island, bei denen man die besondere Atmosphäre überall spürte, war es nun endlich soweit: Race Day!!!
Um 4:00 klingelte der Wecker und ich habe es sogar geschafft ein paar Stunden Schlaf zu finden. Noch kurz ein Toast mit Marmelade, die letzten Sachen vorbereiten und los ging es Richtung Pier. Mit jedem Meter, den ich näher kam stieg die Anspannung und Vorfreude auf den langen Tag. Noch war es stockdunkel. Nachdem wie in Hawaii üblich die Startnummer per Tatoo auf den Armen angebracht wurde, ging es in die Wechselzone um nochmal nach dem Rad zu sehen und alles durchzuchecken. 2300 Athleten und es war dennoch still. Jeder war voll konzentriert und die Spannung greifbar. Nachdem die Profis gestartet waren, durfte nun auch das komplette Feld endlich ins Wasser. Kurz die 200 m zur Startlinie eingeschwommen und nun hieß es auf den Kanonenschuss zu warten, der uns auf die lange Reise schicken sollte.
Hier nahm ich mir einen Moment Zeit um den Augenblick zu genießen. Am Pier und an der Kaimauer am Alii Drive standen tausende Menschen, die Sonne ging langsam über der Bucht auf und die Helikopter, die für die spektakulären Bilder sorgen, knatterten über den Köpfen. Das war der Moment von dem ich so oft geträumt hatte und für den ich so lange und hart gearbeitet hatte. Jetzt war er endlich da!
Kurze Zeit später dann der Kanonenschlag und los ging es. Ich hatte mich ja schon auf einiges an Geprügel eingestellt, aber was ich hier erlebte hatte teilweise nich mehr viel mit Schwimmen zu tun. Links, rechts, vorne, über einem....jeder Zentimeter im Wasser war belegt. Eigenen Rythmus zu schwimmen konnte man vergessen, überholen war auch nur schwer möglich. Ich versuchte dann einfach meinem Vordermann hinterher zu schwimmen um so wenig Schläge wie möglich abzubekommen. Ich hätte in den letzten Wochen mal lieber ins Boxtraining als ins Schwimmtraining gehen sollen! Schwimmbrille mehrmals heruntergeschlagen bekommen, Literweise leckeres Salzwasser getrunken, so ging das mehr oder weniger bis zum Wendepunkt, erst dann hatte sich das Feld langsam auseinander gezogen. Das passiert also wenn man 2000 der besten Triathleten auf einem Haufen hat. Dadurch dass dort jeder ganz gut schwimmen kann (sonst wäre er ja nicht hier) dauert es im Vergleich zu anderen Ironman Rennen einfach deutlich länger bis Ruhe ins Feld kommt. Bei der WM lässt natürlich auch keiner den anderen freiwillig die bessere Position. Der Rückweg war dann deutlich schöner und ich hatte endlich Spaß am Schwimmen. Die Arme fühlten sich gut und druckvoll und wurden nicht so schnell müde wie noch 1 Woche zuvor beim Test-Wettkampf. 400m vor dem Schwimmausstieg dann irgend eine komische Bewegung gemacht und einen dicken Wadenkrampf bekommen...kurz angehalten und nach 20-30sec war er soweit erträglich, dass ich zumindest weiterschwimmen konnte. Erst mal nur mit den Armen, bis sich der Muskel nach 4-5min wieder vollständig gelockert hatte. Und dann endlich raus aus dem Wasser. 1:04h Schwimmzeit - Für die vielen kleinen Problemchen bin ich damit äußerst zufrieden. Die Schwimmform war also ganz gut. Das nächste mal würde ich wohl 10-15 m neben der Ideallinie schwimmen um dem Geprügel etwas mehr zu entgehen.
Schnell den Schwimmsuit aus, Aero-Einteiler über die Schultern gezogen, Rad geschnappt und raus aus der Wechselzone. Zuerst geht es eine kleine 15 km Schleife durch Kona, bevor es raus auf den Highway geht. Hier erst mal relativ entspannt los und nach der ganzen Hektik runterkommen. Nach dieser kleinen Ehrenrunde mit den vielen Zuschauern ging es die steile Palani Road hoch (die man später auch noch per Fuß hoch musste). Und dann war man endlich auf dem Queen K Highway. Die nächste Kurve kommt erst 60 km später. Bis dahin geht es immer leicht hoch und runter auf der endlos erscheinenden Straße durch die Lavafelder. Ich fühlte mich gut, konnte meine angepeilten Werte aufs Pedal bringen. Wolkenloser Himmel, die Sonne brennt von oben auf einen herab und eine leichte Brise von hinten. Demendsprechend flott ging es auf diesem Teilstück voran, im Schnitt so ungefährt 37-38 kmh! Auf zwei Dinge wollte ich mich besonders konzentrieren: Viel Trinken und viel Kühlen. Klingt natürlich logisch bei 37°C, aber wenn man sich in einer Phase, in der man sich gut fühlt dies etwas vernachlässigt wird man am Ende doppelt und dreifach bestraft. Also immer an jeder Verpflegungsstation eisgekühltes Wasser abgegriffen und immer abwechselnd getrunken und über den Rennanzug und Nacken gekippt. Dazu hatte ich als Verpflegung eine weitere Flasche am Rad, die mit 16 Energiegels befüllt war (~1600kcal), damit der Tank nicht leer wird. Das Schwere auf Hawaii sind nicht nur die hohen Temperaturen, sonder die sehr hohe Luftfeuchtigkeit. Diese Kombination macht diesen Mythos hier aus. Man stellt sich einfach vor, man macht knapp 10h Sport in der Sauna, dann bekommt man mal ein Gefühl dafür. Die letzten 20km vor dem Wendepunkt geht es dann bergauf bis nach Hawi. Obwohl wir hier in dieselbe Richtung fuhren wie kurz zuvor, kam der Wind jetzt von vorne. Eine weitere Besonderheit hier auf der Insel, der Wind dreht ziemlich oft und ist unberechenbar. Auf diesem Abschnitt ging es entsprechend langsamer voran, dafür konnte man bergab die Beine dann etwas erholen lassen. So ging es dann immer weiter, die Beine waren noch soweit ganz gut und das Tempo hoch. Ein kleiner Pinkelstop lies sich leider nicht vermeiden. Eigentlich musste ich schon seit Beginn des Radsplits (zu viel Wasser beim Schwimmen schlucken müssen). Ich hatte gehofft das Problem löst sich irgendwann von alleine, aber nach 100 km bin ich dann doch mal kurz rechts ran. Nach 130 km hatte ich einen Schnitt von 36,7 kmh auf dem Tacho und hatte Hoffnung eine Radzeit von unter 5 h erreichen zu können, was auf dieser Strecke schon richtig gut ist. Aber dann hat die Insel mal wieder gnadenlos zugeschlagen und schenkte uns 50 km Gegenwind! Das ist halt auch für den Kopf nicht so ganz einfach, wenn du genau weist, die nächsten 1,5 h wird sich daran wohl auch nichts mehr ändern. So langsam machte mir trotz des umfangreichen Kühlens die Hitze doch zu schaffen und die Beine wurden müder und müder. Also das einzig richtige getan und ein kleines bisschen Tempo rausgenommen. Wenn du hier über deinem Limit fährst, dann brauchst du beim Marathon auch mal ganz schnell 40-50 min länger! Dazu kam noch, das mir auf den letzten 25km auf dem Rad das Wasser ausging und irgendwie keine Verpfelgungsstation mehr kam (Oder war ich schon so im Delirium das ich keine mehr wahrgenommen hab?). Nach einer Radzeit von 5:07h (35,5km/h) kam ich dann endlich wieder in Kona an...jetzt noch einen Marathon? Bei den Temperaturen?
Die ersten Schritte waren ganz schön wackelig und ich brauchte unbedingt was zu trinken. Jede Meile gab es eine Verplegungsstation. Eine Meile, eigentlich nicht viel, kann aber doch ganz schön lang werden. Bei der ersten Gelegenheit dann alles genommen was ich bekommen konnte und 7-8 Becher in mich reingekippt, dazu Eis in den Anzug und noch mal Wasser über den Kopf. Danach hab ich so langsam meinen Rhythmus gefunden und begann alle einzusammeln, die sich auf dem Rad verausgabt hatten. Der Marathon geht zuerst 8 km den Alii Drive durch Kona und wieder zurück. Hier standen überall Menschen die anfeuerten und eine einzige große Triathlon Party veranstalteten. Das tat gut! Dazu gab es gelegentlich eine Dusche aus dem Gartenschlauch, auch wenn der kühlende Effekt meist nur kurz anhielt. Auf den ersten 10 km bremste ich mich noch etwas, wohl wissend wie hart das am Ende noch wird. Ich war in diesem Moment schon so glücklich, das ich teilweise ein paar Freudentränen trotz der schmerzenden Muskeln und Beine verdrückt habe. Diese Bilder werde ich noch ewig im Kopf haben! Aber es galt ja immer noch einige (viele) Kilometer zu laufen. Nach 17 km kam ich wieder an meinen Supportern vorbei, bevor es die steile Palani Road hoch ging. Angepeitscht durch die Menschen ging das zum Glück noch eingermaßen flott. Am Ende der Straße ging es wieder nach links auf den Highway. Jetzte sollte der härteste Teil des Wettkampfes kommen. Standen auf dem Alii Drive noch so viele Menschen und wurde durch Häuser und Bäume noch etwas Schatten gespendet, begann jetzt die brutale Einsamkeit auf dem Highway durch die Lavawüste. Keine Zuschauer, kein Schatten, keine Wolke am Himmel, tendenziell leicht bergauf. Hier war man alleine mit sich und seinen Schmerzen. Hier hätte ich mich am liebsten in den Graben gelegt um den Schmerzen ein Ende zu bereiten. Aber zeitgleich hatte ich so viele motivierende Dinge im Kopf: Meine Supporter an der Strecke, alle daheim am PC die sich (wegen mir) die Nacht um die Ohren schlagen und am wichtigsten, ich machte mir bewusst wo ich gerade bin. Mitten bei der WM, richtig gut im Rennen...ein riesen Privileg und fast jeder Triathlet würde tauschen wenn er könnte. Also immer weiter gekämpft, von Meile zu Meile und an jeder Verpflegung Eis überall in den Anzug gesteckt. Und immer im Kopf, welcher geile Zieleinlauf auf mich wartet. Bei Km 26 ging es dann runter ins sogenannte Energy Lab, wo der Wendepunkt der Marathonstrecke ist. Danach geht es nach Hause, diesen Punkt abhaken zu können ist einer der großen Meilensteine. Nachdem man bei Kilometer 32 wieder aus dem Energy Lab auf den Highway bog, kam ich wie in einen Rausch. Es kamen ein paar Wolken auf, der Gegenwind, den man auf dem Rad noch verfluchte war ein zusätzlicher Segen. Ich bekam so etwas wie die zweite Luft. Die Schmerzen konnte ich größtenteils ausblenden und ich konnte wieder etwas mehr Tempo aufnehmen. Hochrechnungen ergaben, das ich es bei meinem Hawaii Debüt unter 10 h schaffen kann. Schritt für Schritt dem Ziel entgegen. Im Kopf hatte ich mir Km 40 als nächsten Meilenstein gesetzt. Dann geht es endlich runter vom Highway nach Kona und es folgt eine 2 km Ehrenrunde bevor man endlich in den Zielkanal darf. Km 39-40 ging es wieder hoch...einfach Kopf auschalten und so schnell wie möglich da hoch - Geschafft. Endlich wieder Zuschauer die einen anschreien, einfach eine gnadenlos geile Stimmung machen. Schon mal Gänsehaut gehabt bei 37°C ? Ich jetzt schon! Noch mal an meinen Supportern vorbei. Ein dickes Lächeln im Gesicht! Runter auf den Alii Drive! Zuschauer abklatschen und ab in den Zielkanal. Diese Bilder schon so oft am TV gesehen und ich jetzt auch hier. Am Ziel der Träume. Die letzten Meter bin ich gegangen. Einfach um den Moment in vollen Zügen zu genießen. Ein unvergessliches Gefühl als es dann über die Ziellinie ging. Ich kann nicht mal ansatzweise beschreiben wie ich mich in diesem Augenblick gefühlt habe. Ich kann nur sagen, der ganze Aufwand hat sich gelohnt. In unserem Sport gibt es wohl nichts vergleichbares als hier ins Ziel zu laufen.
9:46h voller Freude, Schmerz, Stolz, Kampf!!!
Ironman Hawaii - Die Mutter aller Triathlon Rennen und es gibt wohl kein würdigeren Austragungsort für die Weltmeisterschaft.
Als ich mich dann kurze Zeit später auf den Boden im klimatisierten Rennhotel setzte und so langsam die Anspannung abfiel und das Adrenalin weniger wurde, da wäre ich am liebsten nie wieder aufgestanden. Da wird einem auch erst bewusst wie weit man seinen Körper ans Limit getrieben hat und die persönlichen Grenzen wieder ein Stück verschoben. Daran erinnert mich der Muskelkater bei jedem Schritt den ich momentan mache.
Vielen Dank eine meine Eltern und meinen Bruder für die grandiose Unterstützung und auch an meine Cousine Eva, die extra für ein paar Tage nach Hawaii gekommen ist! Ebenso an alle daheim fürs Daumen drücken aus der Ferne und die vielen Nachrichten. Hab mich sehr gefreut. Speziellen Dank an Tobi, mit dem ich in den letzten Monaten viel über eine optimale Trainingsgestaltung diskutiert habe. Gruß auch an meinen Verein Triathlon WVC Kassel! Danke an alle, mit denen ich die vielen Trainingsstunden zusammen abreißen durfte. Danke einfach an alle, die daran beteiligt waren, dass ich jetzt hier sitze und meinen Erlebnissbericht vom Ironman Hawaii in den Laptop zimmern darf :) Euch allen gehört ein Teil dieses Erfolges!
PS: Das war hoffentlich nicht mein letzter Start hier. Ich komme wieder! Vielleicht nicht nächstes Jahr, aber in 2-3 Jahren mit Sicherheit. Ohne Sponsoren einfach ein zu großer finanzieller Aufwand. Jetzt aber erst mal Saisonpause und auch ein bisschen (oder auch kräftig)feiern. Stellt schon mal das Bier kalt Simon & Janek!
Aloha
Thomas
Autor:Thomas Sämann aus Großheubach |
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