Gemeinsam mit Knast-Band auf der Bühne
"Café del Mundo" hinter Gittern
Adelsheim, Buchen. bd. Mit „Viva la Vida“ – „es lebe das Leben“ als Opener begann ein für alle Beteiligten außergewöhnliches und für die das international gefeierte Gitarrenduo "Café del Mundo" nach eigenen Worten „unvergessliches“ Konzert im Adelsheimer Jugend-Gefängnis. Die gefängnisinterne Gitarrengruppe hatte sich unter Leitung von Gefängnis-Seelsorger Martin Reiland den Coldplay – Song in der Version von Cafe del Mundo „drauf geschafft“, nun standen die fünf Jugendstrafgefangenen nach 25 Minuten gemeinsamer Probe mit den beiden Virtuosen Jan Pascal und Alexander Kilian vor dem gespannten Publikum. Gut zwei Dutzend junge Inhaftierte und ebenso viele Mitarbeiter*innen und Gäste hatten die Möglichkeit ergriffen einmal akustische Live-Musik zu erleben, die gegenüber den üblichen Hörgewohnheiten im „Jugendknast“ fundamental anders klingt. Doch nicht nur diese kulturelle Erweiterung sollte das Konzert bieten, auch der kooperative und gleichberechtigte Umgang der beiden Künstler und die Passion für ihr Instrument könne den jungen inhaftierten Männern als „Role-Modell“, als Vorbild, dienen, begründete Klaus Brauch-Dylla gegenüber dem SWR-Filmteam, das für die Landesschau aufzeichnete, die Einladung. Der war das Flamenco-Duo bereitwillig gefolgt, sogar auf eine Gage verzichteten Pascal und Kilian um die „die stärkste und beglückendste Droge die es gibt – Musik“ im Gefängnis zu verbreiten. Und die wirkte spürbar - mit der Musik waren alle im Raum – Profis, Amateurmusiker und Zuhörer*innen - sofort auf einer Wellenlänge. Nach dem gemeinsamen Eingangssong spielten die Buchener Ausnahmekünstler dann nicht ihre „übliche Setlist“ herunter, in 55 Minuten boten sie eine Auswahl an Songs, die sie zielgerichtet für Ort und Publikum zusammengestellt hatten und ihr weltumspannendes Spektrum aufzeigten. So erfuhren die Gäste, dass Argentiniens Tango-Gott Astor Piazzolla zwischen Konzerthaus und Hochkultur sowie Halbwelt/Bordell wandelte, wurden beeindruckt von perfektionierten Interpretationen Paco de Lucia’s und konnten mit „Una mattina“ aus „Ziemlich beste Freunde“ auf eine innere Reise gehen, bis die Instrumentalversion von „with or withot you“ (U2) wieder im Rock-Pop anlangte. In den Zwischenmoderationen wurde deutlich wie tief Jan Pascal und Alexander Kilian diesen Abend vorbereiteten – Pascal hatte eigens „Überwachen und Strafen: Die Geburt des Gefängnisses“ des französischen Philosophen Michel Foucault sowie verschiedene Werke des Schriftstellers und Strafverteidigers Ferdinand von Schirach gelesen. Allüren frei, zugewandt und immer auf Augenhöhe mit allen auf der Bühne präsentierte sich das Duo, was sich auch am Schluss-Stück zeigte – das hatte nämlich die Knastband aus ihrem Repertoire vorgeschlagen und den Mundos als Hausaufgabe übermittelt: und so gab es die gefeierte Uraufführung von „Radioactive“ der Imagine Dragons für Band und zwei Flamenco-Gitarren. Als Zugabe dann nochmals „Viva la Vida“ – die Feier des Lebens, obwohl hinter Gittern, war gelungen und hinterließ begeisterte Konzertgäste und Musiker.
„Hochemotional für mich, aber ganz anders als ich es so erwartet hatte. Es hat mich wirklich tief bewegt, wir haben eine unheimliche Herzlichkeit erlebt“ lautete das Resümee Alexander Kilians, in ihrem Podcast „Talking Guitars“ sprachen die beiden Künstler gar vom „Konzert des Jahres“. Auch Carmen Bronner, Vollzugsbeamtin in der JVA und mitverantwortlich für sinnvolle Freizeitgestaltung, zog eine positive Bilanz: „Solche Veranstaltungen sind wichtig, damit die Jungs wieder lernen zu fühlen“.
Autor:Horst Berger aus Buchen |
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