Essay und Bildergalerie

Gypsy-Ethno-Jazz-Trio begeistert Publikum im Wertheimer Hofgarten-Schlösschen.

Spielerische Virtuosität und jede Menge Inspiration aus aller Welt.

Wertheim. Am vergangenen Donnerstagabend gab es ein exzellentes, furios-fulminantes Jazz-Konzert im dafür wunderbar geeigneten Helmut-Schöler-Saal im Schlösschen im Hofgarten. Der Kulturkreis Wertheim hatte dazu eingeladen.

Wo früher in der einstigen Orangerie exotische Früchte bei viel Sonnenlicht und großer Raumtiefe reiften, geerntet und für würdevolle Festmähler köstlich zubereitet wurden, erlebten an diesem äußerlich tristen, verregneten, zu Ende gehenden Oktobertag mehr als fünfzig Konzertgäste eine sehr gelungene Darbietung des Trios Fussissimo mit sechzehn Musikstücken.

Das Ensemble präsentierte prächtige Perlen aus dem Gypsy Jazz und dem Weltmusik Repertoire sowie originelle Eigenkompositionen von Rehan Syed.

Unverkennbar entdeckte man Einflüsse von Bossa, Tango, orientalischer Musik und französischer Musette.

Allesamt waren es nachhaltig wirkende, kurzweilige Darbietungen, die phantasievolle Assoziationen beim vielfach applaudierenden Publikum erzeugten.

(Außer-) Europäische Ziele rückten in die Gegenwart.

Menschen in Feierlaune, aber auch melancholische Stimmungen konnte man sich bei den Konzertstücken bestens vorstellen: einen geselligen Bistro in Frankreich, einen lebhaften Basar in der Türkei, ein verliebtes ,temperamentvolles Tanzpaar in Südamerika, eine Fahrt durch asiatische, heiße Wüstenlandschaften und magisch-mystische Trommelszenen im afrikanischen Tropen-Dschungel.

Wer waren die drei Interpreten?

Rehan Syed (Gitarre), Simon Ort (Kontrabass) und Harald Oeler (Akkordeon) stellen das Trio Fussissimo dar und sind in der GypsyJazz Szene nicht nur in Deutschland, sondern auch international auf Festivals bestens bekannt.

Was bedeutet Gypsy- Jazz? Was ist Arpeggio?

Es ist eine Variante der Musikrichtung Swing. Vorbilder gab es hierfür Ende der 1920er Jahre vor allem in Frankreich. Stilmittel ist die improvisierte Akkord-Zerlegung (Arpeggio).

Hier setzen die einzelnen Töne nicht gleichzeitig ein, sondern in kurzen Abständen nacheinander. Man spricht von einem arpeggierten oder gebrochenen Akkord.

Arpeggios sind eine einfache und wirkungsvolle Art, die ein Musikstück beleben und auflockern.

Die Begleitung wird dabei nicht nur von eigenständigen kontrapunktischen Stimmen geleistet und besteht auch nicht aus homophonen Begleitakkorden, sondern aus Achtel- oder Sechzehntel-Folgen, oft auch punktiert mit aufgespaltenen Akkorden.

Erreicht wird dadurch außerdem eine größere Ereignisdichte in der Begleitung und damit ein dichter wirkender Tonsatz.

Schon in der Vorklassik gab es diese Form der Begleitung. In jüngerer Zeit kombinierten Gitarristen zum Erzielen höherer Spielgeschwindigkeiten häufig das Arpeggio mit der Anschlagtechnik „Economy Picking“ (Sweeping).

Schneller Walzer im Sechs-Achtel-Takt.

Auffallend war im Konzert auch die Verwendung des „Musette Neuve“, einem einstigen französischen Gesellschaftstanz im Dreiviertel-Takt. Die Musette wird oft vom Akkordeon vorgetragen oder begleitet, was ihren charakteristischen Klang ausmacht.

„Musette Neuve“ oder „New Musette“ ist ein von Richard Galliano kreierter und geprägter Musikstill, der
Traditionelles mit Jazzelementen verbindet.

Auch hier wird im Walzertakt gespielt. Dabei können die Achtel ternär (Swing) oder binär gespielt werden: so wird das vierte Achtel manchmal so stark betont, dass den Hörerinnen und Hörer der Eindruck eines „valse à deux temps“, eines schnellen Walzers im Sechs- Achtel-Takt vermittelt wird.

Fazit: Der Kulturkreis Wertheim veranstaltete unter dem Motto „Jazz im Schlösschen“ am vergangenen Donnerstag ein weiteres, wunderbares und nachhaltiges Konzert mit einem viel Anerkennung und reichlich Applaus erhaltenen, talentierten Trio aus der Gypsy-Jazz-Szene.

Ausblick: Die Gäste freuen sich sicherlich auch auf weitere Veranstaltungen in Wertheim, beispielsweise in der Stiftskirche am 1.11.2024 mit Cello & Orgel oder auf das Museumskonzert am 1.12.2024 im Helmut-Schöler-Saal- im Schlösschen im Hofgarten.

Weitere Infos: www.kulturkreis-wertheim.de

Roland Schönmüller