Hoffnung für insolvente Rotkreuzklinik
Stadt Wertheim verhandelt über mögliche Übernahme - Erneute Protestaktionen
Sollten sich die Proteste der rund 2000 Menschen am Samstag, 24. Februar, auf dem Wertheimer Markplatz gelohnt haben? Ja, wie es scheint. Zumindest gibt es wieder Hoffnung. Wie Wertheims Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez (SPD) und der Gemeinderat der Stadt am vergangenen Dienstag, 27. Februar, bekannt gaben, könnte die Rotkreuzklinik in städtische Hand übergehen. Möglich wäre das aber nur mit der Unterstützung durch das Land Baden-Württemberg und den Landkreis Main-Tauber. 60 Prozent des Klinik-Defizites wäre die Stadt bereit zu tragen. Das sind rund 30 Millionen Euro. Die verbleibenden 40 Prozent müssten vom Landkreis übernommen werden.
Demonstration für Klinikerhalt - Wertheimer Rotkreuzklinik ist unverzichtbar
Nur wenige Tage vor Bekanntgabe einer möglichen Übernahme, versammelten sich beeindruckend viele Menschen zur Kundgebung in Wertheim. Sie waren dem Ruf des Aktionsbündnisses „Rettet das Wertheimer Krankenhaus“ gefolgt, das von der Wertheimer Ärzteschaft und dem Wertheimer Frauenverein e.V ins Leben gerufen wurde. Das Bündnis setzt sich für den Erhalt der insolventen Rotkreuzklinik ein.
Seit vergangenen September bekannt wurde, dass sich das erst 2016 eröffnete Haus in einem Insolvenzverfahren befindet, bangen die Wertheimer Bürgerinnen und Bürger um das Fortbestehen der Klinik. Das hochmoderne und gut ausgestattete Krankenhaus verfügt über 170 Betten und beschäftigt rund 400 Mitarbeiter. Die Klinik, direkt an der Grenze zwischen Bayern und Baden-Württemberg, ist für einen Versorgungsbereich von rund 50.000 Einwohnern zuständig. Schätzungen zufolge wären sogar 75.000 Menschen von einer Schließung betroffen, denn auch Notfälle aus den unterfränkischen Landkreisen Main-Spessart und Würzburg werden von Rettungswagen nach Wertheim gebracht.
Erhalt der Klinik in öffentlicher Hand
Die Forderung der Bündnis-Gründerinnen und Gründer ist eindeutig und könnte nun Realität werden: Die Stadt Wertheim soll die Trägerschaft für das Krankenhaus übernehmen, mit der Unterstützung des Main-Tauber-Kreises und des Landes Baden-Württemberg, waren sich die Rednerinnen und Redner auf der Kundgebung einig. Große Zustimmungen fand dieser Aufruf auch bei den vielen Menschen auf dem Wertheimer Marktplatz. Dr. Christina Gläser, niedergelassene Hausärztin und Mitinitiatorin des Bündnisses teilt diesen Wunsch ebenfalls: „Es wurden ganz viele Aktivitäten gestartet um den Kreis zur Handlung zu bewegen und auch um dem Land Druck zu machen. Das Land muss hinter uns stehen. Dieses Krankenhaus ist als Grund- und Regelversorger im Bedarfsplan enthalten. Ich wünsche mir, dass das Krankenhaus gemeinnützig weitergeführt wird.“
Schließung hätte dramatische Konsequenzen
„Die Wertheimer Klinik hat im letzten Jahr 6.000 Patienten stationär versorgt, die in die umliegenden Krankenhäuser müssten, welche jetzt schon immer wieder am Limit arbeiten“, erläutert Dr. Axel Schmid, niedergelassener Betriebsarzt, die Folgen einer Schließung. „11.000 ambulante Patienten wurden versorgt, die über die Ambulanzen der umliegenden Krankenhäuser hereinfallen würden. Die Kollegen zittern vor dem Augenblick, in dem Wertheim geschlossen wird. Wir werden hier zu einer Wüste der medizinischen Versorgung.“
Eine Schließung, darin sind sich die Rednerinnern und Redner auf der Kundgebung so wie viele der besorgten Menschen auf dem Marktplatz einig, ist weder für die Wertheimer Bürgerinnen und Bürger hinnehmbar noch für zehntausende Betroffene aus den bayerischen Landkreisen Main-Spessart und Würzburg.
Schnelle Notfallversorgung wäre nicht mehr sichergestellt
Um zum nächstgelegenen Krankenhaus der Grundversorgung zu gelangen, würde der Anfahrtsweg mehr als eine halbe Stunde Zeit beanspruchen. Manchmal sogar deutlich länger, wie Dr. Sandra Rückert, Notärztin und niedergelassene Neurologin in Wertheim schildert: „Wenn ich einen Patienten als Notarzt im Stadtgebiet Wertheim einsammle, dann muss ich, wenn ich schnell bin, mindestens dreißig Minuten nach Lohr bis zur nächsten Intensivstation fahren. Realistisch ist aber, dass wir nach Erlenbach am Main oder nach Würzburg fahren müssen, da sind wir eine dreiviertel Stunde unterwegs. Und wir fahren oft nach Aschaffenburg oder Bad Mergentheim. Also sind wir mit einem kritisch kranken Patienten auch mal eine Stunde unterwegs. Im Rettungswagen haben wir nicht alle Möglichkeiten, die wir in der Klinik haben. Der Patient bekommt dadurch nicht die Behandlung, die er schnell bekommen sollte und die er verdient hat.“
Vorbereitungen für kommunale Trägerschaft im Gange
Das klare Bekenntnis des Gemeinderats zur insolventen Rotkreuzklinik macht der Bevölkerung nun Hoffnung auf eine Rettung des Krankenhauses. Bis Ende März soll feststehen, wie es mit der Rotkreuzklinik weitergeht.
Dr. Sandra Rückert: „Ich glaube wir haben hier alle zusammen etwas in Bewegung gebracht. Das macht froh und optimistisch.“
Erneute Protestaktionen zur Rettung der Klinik organisiert
Nach einem offenen Brief vom 21. Februar der Stadt Wertheim an den baden-württembergischen Minister für Soziales, Gesundheit und Integration Manfred Lucha und den Landrat des Main-Tauber-Kreises Christoph Schauder mit der Forderung den Krankenhausstandort Wertheim zu sichern sowie der Kundgebung des Aktionsbündnisses, folgt nun eine weitere Aktion zur Rettung der Rotkreuzklinik:
In einer Pressemitteilung vom 29. Februar informiert die Stadt Wertheim über eine Demonstrationsfahrt. Das Aktionsbündnis „Rettet das Wertheimer Krankenhaus“ ruft am Mittwoch, 6. März, zu einer Demonstrationsfahrt nach Stuttgart und Tauberbischofsheim auf. Unterstützt wird die Aktion von der Stadt Wertheim. Der Oberbürgermeister Herrera Torrez rief bereits im Rahmen der Kundgebung am 24. Februar zur Teilnahme auf. Mit den Protestfahrten soll der Druck auf die Verantwortlichen weiter erhöht werden. Das Aktionsbündnis hofft auf zahlreiche Teilnahme der Bevölkerung. „Wir mussten schon Busse nachordern, es sind sehr viele Menschen, die mitkommen möchten“, so Tarek Nasser, Mitorganisator des Bündnisses optimistisch.
Zwei Fahrten, ein Ziel: Gesprächsbereitschaft seitens der Verantwortlichen
Abfahrt nach Stuttgart ist am Mittwoch, 6. März, um 8.30 Uhr am Spitzen Turm. Die Demonstration in der Nähe des Landtags ist von 11 bis 12 Uhr angemeldet. Im Anschluss möchte das Aktionsbündnis von 14.30 bis 16 Uhr vor dem Landratsamt in Tauberbischofsheim demonstrieren. Abfahrt ist um 14 Uhr am Spitzen Turm. Voraussichtliches Ende der Veranstaltung ist 17.30 Uhr.
Für die Teilnahme ist eine verbindliche Anmeldung notwendig, Telefon 0171/3086612, E-Mail: rettetdaskrankenhaus@gmx.de.
„Wir werden jetzt ernstgenommen“ - Lucha nimmt Einladung an
Die Organisatoren der Fahrt hoffen, dass Gesundheitsminister Manfred Lucha und Landrat Christoph Schauder sich das Anliegen der Demonstrierenden ernsthaft anhören und sich zu Gesprächen bereiterklären. Tarek Nasser: „Landrat Schauder hat geäußert, dass er sich mit uns unterhalten wird.“ Ob man Minister Lucha in Stuttgart persönlich antreffen wird, ist noch unklar. „Minister Lucha hat aber eine Einladung zu einer Sitzung des Gemeinderats in Wertheim Mitte März angenommen“, so Nasser. „Dank der riesigen Unterstützung der Bevölkerung aus Wertheim und der Umgebung, werden wir jetzt ernst genommen. Das ist ein gutes Zeichen.“
Demo "Rettet das Wertheimer Krankenhaus" : https://www.meine-news.de/wertheim/c-meine-news-tv-event/demo-rettet-das-wertheimer-krankenhaus-am-24022024-meine-newstv_a168775
Mehr Bilder unter: https://www.meine-news.de/wertheim/c-kultur/kundgebung-rettet-das-krankenhaus-mit-herzblut-wertheim-2422024_a168424
Autor:Marlene Deß aus Miltenberg |
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