Fast schon ein Vorfrühlings-Feeling im Spessart: Februar-Impressionen im Kropfbachtal
Ein besonderer Geheimtipp
für gestresste, Ruhe und Entspannung suchende Zeitgenossen
ist der Spessart,
insbesondere das Kropfbachtal
und
die Kartause Grünau bei Schollbrunn.
Nachhaltige Eindrücke
Ein Ausflug hierher wird zu einem ästhetischen Erlebnis, zu einem „Fest der Sinne“ mit nachhaltigen Eindrücken, von denen man noch lange zehren kann.
Es begegnen dem Besucher fast auf Schritt und Tritt altehrwürdige Geschichte und Geschichten sowie ursprüngliche Natur, gute Luft, wohltuendes Wiesengrün, rauschende Wälder, ein klarer Bach und magisch anziehende Forellenteiche.
Wer sich viel Zeit nimmt, erfährt hier kurzweilige Unterhaltung mit Spaziergängern
und Kartause-Gästen. Vor allem wird er verwöhnt mit kulinarischen Köstlichkeiten in der Grünauer Gaststätte.
Auf zur Kartause Grünau am frühen Morgen
Ein sonniger Tag ist angesagt. Früh an einem Februar-Morgen – kurz nach Sonnenaufgang – geht die Fahrt über Wertheim, Hasloch, vorbei an der Barthelsmühle und am Eisenhammer, in Richtung Schollbrunn.
Ein Zwischenstopp an der Ruine der spätgotischen Markuskapelle (1216 erstmals erwähnt, 1525 im Bauernkrieg zerstört) nahe der Fechermühle lässt beim Besucher fast melancholische Gefühle aufkommen.
Die fast unscheinbare Einmündung des Kropfbachs in den Haslochbach wird immer
wieder übertönt vom werktäglichen Straßenverkehr, der aus Michelrieth, Schollbrunn,
Hassloch und dem Mühlental kommt.
Fern von Hektik und Alltags-Stress
Wie in einer anderen Welt fühlt man sich dann - zwei Kilometer weiter westlich - an der Kartause Grünau, wo man auf dem geräumigen, um diese Zeit noch leeren Parkplatz der Gaststätte parken kann.
Nichts ist mehr zu spüren von Unruhe, Hektik und Lärm.Das imposante Morgenrot ist bereits verschwunden, andere Akteure der hiesigen Tierwelt machen sich bemerkbar. Empfangen wird man am idyllischen - mit einer dünnen Eisdecke überzogenem - Klosterteich bald von etwas zaghaft klingendem Standvögel-Gezwitscher und scheinbar noch schlafenden Enten am Ufer.
Vielfältige Klang-Register des Kropfbach-Wassers
Der obere und kleinere, mythisch anmutende Fischweiher ist fast komplett von einer milchig-weißen, nicht mehr tragendem Eisschicht bedeckt. Darunter warten Forellen und Karpfen auf den Vorfrühling und wärmere Tage. Nebenan zieht beim Spaziergang auf teils gefrorenem Waldboden, teils matschigem Untergrund der sich schlängelnde Kropfbach alle Klang-Register:
Glucksen gibt es hier in vielfältigen Nuancen – minutenlang könnte man zuhören.
Wahrnehmbar ist nicht nur ein Dahin-Fließen, sondern auch ein Rauschen, Glucksen, Plätschern, Sprudeln, Schnellen, Tropfen, ein mit sich Führen von kleinsten Partikeln, von Eispartikeln, Steinchen und Erde, von Holz und Ästen – und das alles im wechselnden Licht- und Schattenspiel.
Winterliche Tag-Träume von lebhaften Forellen und Libellen
Vorbei geht es an bemoosten Ruhebänken. Überwältigend ist der Panorama-Blick auf den großen Klosterweiher selbst im ausklingenden Winter.
Im Frühjahr, Sommer und Herbst schwimmen hier große und kleine Forellen, über der Wasseroberfläche werden in wärmeren Monaten Libellen und Mücken fliegen, nichts ahnend von der Gefahr, die sich von unten nähert. Mit einem Satz schnappt die eine oder andere Forelle meist erfolgreich nach den herumschwirrenden Insekten.
Klatschend und mit Beute tauchen dann die Fische in ihr feuchtes Terrain zurück. Doch das sind momentan noch winterliche Tag-Träume.
Altes Gemäuer, historische Bau-Relikte der Kartause, Wappen, Hinweistafeln und
allerhand Geräte von anno dazumal sind Wegbegleiter zur Gaststätte und zum hier am frühen Morgen bereits eingetroffenen Personal.
Bevor die ersten Ausflügler kommen, gibt es in den wunderbar restaurierten, barrierefreien Gasträumen viel zu tun.
Sympathisches Personal
Die Pächter machen einen freundlichen Eindruck und nehmen sich - wie ihre sympathische Mitarbeiter - viel Zeit für die Erholung suchenden und in der Speisekarte blätternden Gäste.
Im Angebot finden sich typische Gerichte der Kartause, regionale Leckereien und Forellen aus dem Kartausen-Teich; das Schweinefleisch wird aus der
Umgebung bezogen, leckeres Wild gibt es aus dem Spessart.
Viel Platz bietet für besondere Anlässe, Veranstaltungen und Feiern die sogenannte
Scheune und die lichtvolle Ruine - das Refektorium, der einstige Essenraum der Mönche (jeweils bis zu 80 Personen). Ein ansprechendes Prospekt wirbt mit besonderen Aktionswochen während des Jahres.
Bekannt und berüchtigt: Johann Adam Hasenstab
In der Gaststube erzählt ein Bischbrunner Familienvater seinen beiden Kindern vom abenteuerlichen Leben des bekannten Johann Adam Hasenstab aus dem 18. Jahrhundert und einem nahen steinernen Gedächtniskreuz, rund drei Kilometer von hier.
Es ist die Rede vom angeblich für die hiesigen Forstbehörden bekannt-berüchtigten Wilderers, der hier in den Wäldern Zuflucht, aber auch am 3. Juni 1773 durch eine Kugel des Bischbrunner Forstmeisters Sator den Tod fand.
Aufmerksam hören die Kleinen zu und lassen ihre Blicke in der Gaststube schweifen. Ob der Wilderer sich auch hier in der Schenke versteckte, will der Sohn wissen. Der Vater erwidert: „Sicherlich! Denn die einfachen Landleute hielten wohl alle zusammen!“
Wenn Steine erzählen könnten ...
Erzählen könnten hier viele Steine, Inschriften und Epitaphien von alten und
sagenumwobenen Zeiten: eine Info-Tafel kurz nach dem Torbogen-Eingang gibt
einen Einblick in die wechselhafte Geschichte der Grünauer Kartause, der
zweitältesten Niederlassung des im elften Jahrhundert in Frankreich gegründeten
Ordens der Kartäusermönche auf deutschem Boden.
Das 1328 gegründete Kloster des strengen Einsiedlerordens wurde von der
Wertheimer Gräfin Elisabeth von Hohenlohe gefördert. Die Kartäusermönche erlebten hier eine filmreife, dramatische Geschichte im Auf und Ab zwischen Beschaulichkeit und Betriebsamkeit, Krieg und Frieden. 1803 wurde das mit stattlichen Mauern umgebene Kloster säkularisiert, in ein Landgut – später in einen Gaststättenbetrieb umgewandelt.
Beim Lesen der kurzweiligen Informationen und beim entdeckenden Spaziergang
durch das geräumige Gelände der Kartause Grünau lässt sich Vergangenes wieder
lebendig lassen. Doch auch Familien mit Kindern werden hier über’s Jahr ihre Freude haben, und unzählige Spielgelegenheiten finden.
Die Spessart-Gegend rund um die Kartause Grünau ist nach wie vor jahrein, jahraus ein blitzendes Juwel für Erholungssuchende. Es duftet zwar noch nicht nach frisch gemähtem Heu und würziger Waldluft wie in der Kindheit auf dem Lande. Doch das Spessart-Reizklima ist auch im Winter gesund.
Auf gut beschilderten Wanderwegen lässt sich hier abseits aller Betriebsamkeit die
vielgepriesene Ruhe finden. In einigen eisfreien, klaren Wasserflächen des Klosterweihers spiegeln sich Wald, Gebäude und blauer Himmel - wunderbar in vielfältigen Nuancen.
Wer hier herkommt, sucht Natur pur, das Gesunde und Erholsame, gute Luft und
endlich Stille, ähnlich dem Schweigen der einstigen Kartäusermönche.
Geschichtlicher Hintergrund
Die Kartause Grünau, geweiht der Heiligen Jungfrau Maria sowie St. Lorenz und St. Nikolaus, liegt im entlegenen Tal des Kropfbaches zwischen Schollbrunn und
Hasloch im Spessart.
Grünau war die erste Kartause Frankens, deren erste Mönche aus der Kartause Mainz kamen.
In offiziellen Urkunden der Kartäuser wird die hiesige Gründung Nova Cella genannt.
Andere Formen sind Grunavia, Gruena und Neuenzell.
Die Gründung der Kartause Grünau am 15. März 1328 geht auf die Gräfin
Elisabeth von Wertheim zurück, angeblich als Sühne für einen Jagunfall gestiftet, in
dem sie versehentlich ihren Gemahl , Gottfried von Hohenlohe-Röttingen tötete.
Beide sollen in Grünau bestattet worden sein.
Auch in der Umgebung wirkte die kinderlos gebliebene Gräfin Elisabeth als große
Wohltäterin, beispielsweise seien Spital-Einrichtungen in Stadtprozelten und in
Neubrunn genannt.
Schon vor der Kloster-Gründung gab es eine im Jahr 1216 geweihte Kapelle in der
Grünau, zu deren Reliquien Gläubige aus der Umgebung Wallfahrten unternahmen.
Eine ansehnliche Zahl von Wohltätern aus dem Reihen des Adels der Umgebung
unterstützte die neue Klostergründung im Kropfbachtal, wobei ein vielfältig
verflochtenes Netzwerk zwischen Kloster und Förderern entstand.
Schweigepflicht der Mönche
Im 16. Jahrhundert wird von 16 Mönchszellen in der Kartause Grünau gesprochen.
Kartausen waren Einsiedeleien. Die Mönche lebten in strengem Schweigen und Fasten in kleinen Häuschen, die sich an dem großen Kreuzgang entlang gruppierten.
Den Zellen angegliedert waren abgegrenzte kleine Gärten, die von jedem selbst zu
bestellen waren.
Die Mönche trugen Soutanen, Skapulier mit Kapuze und Ledergürtel – alles in Weiß.
An ihrer Spitze stand der Prior. Nur zu Mahlzeiten an Sonn- und Feiertagen durften sie ihr Schweigen unterbrechen, das sie ansonsten auch innerhalb des Klosters voneinander trennen sollte. Allein der Prior, an der Spitze des Klosters, hielt Kontakt zur Außenwelt.
1370 erhielt das Kloster Grünau vom Mainzer Bischof das Fischrecht. Bis ins 18.
Jahrhundert kauften hier Fischhändler zwischen Gemünden und Wertheim Forellen,
Hechte und Karpfen.
1803 wurde das Kloster aufgehoben. Der Besitz ging an die Grafen von
Löwenstein-Wertheim-Virneburg über. Die Kirche wurde bis 1866 genutzt.
Erhalten geblieben sind heute Teile der Kirche mit mehreren Grabplatten, die
Prokuratie (jetzige Gaststätte) und die Umfassungsmauer mit Portal und Wappen.
Kindheits-Erinnerungen
Man entdeckt eine einzigartige Seelenlandschaft, vor allem das Überraschende und Nichtalltägliche, eine Stadt- und Technikferne, erkennt Ursprüngliches, vielleicht von Kindertagen Vertrautes, eben Einfaches und Elementares, was zugänglich und begehbar erscheint.
Fazit:
Die wahrgenommenen Eindrücke, Bilder, Gerüche und Geräusche verdeutlichen eine selten gewordene harmonische Szenerie. Dies alles klingt nach Aussagen wie in
einem Fremdenverkehrsprospekt. Doch hier ist es tatsächlich so. Das Kropfbachtal
ist eine Naherholungsreise wert!
Autor:Roland Schönmüller aus Miltenberg |
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