Svavar Knútur bringt Songs und Geschichten aus Island nach Osterburken
Jede Sprache hat ihre eigene Melodie
Vor der Türe lauer Spätsommer, drinnen der Nordwind, der den Zuhörern zumindest akustisch und dennoch herzerwärmend von der Bühne entgegenweht – diese Kombination bekommt man eben nur geboten, wenn man Teil des Publikums in der Baulandhalle und der bemerkenswerten Fortsetzung des Jahresprogramms der Kulturkommode Osterburken nach der Sommerpause war. Den Singwriter/Songwriter Svavar Knútur konnte man an diesem Abend bereits zum zweiten Mal in der Römerstadt erleben, mit Songs und Geschichten aus seiner Heimat Island, einem Land, das aufgrund seiner isolierten geographischen Lage und der Tatsache, dass im Winter die Sonne tagsüber gerade mal eine gute Stunde lang aufgeht, prädestiniert zu sein scheint, die melancholische Seite seiner Bewohner noch zu verstärken. Dementsprechend sind es eher die ruhigen und gefühlvollen Kompositionen, die seine Konzerte prägen.
Dass man genauso jedoch eine gute Prise Humor für das Leben an den rauen Fjorden benötigt, beweist der aus Nord-West-Island stammende Künstler auf der Bühne glücklicherweise ebenso. „Mein Deutsch ist schlimm, aber wahrscheinlich ist euer Isländisch schlimmer“, bemerkt Svavar augenzwinkernd zu Beginn, Dennoch sei es ihm wichtig, etwa die Hälfte seiner Songs, neben Englisch, auf isländische Texte zu vertonen. Jede Sprache habe eben ihre eigene Melodie, erzeuge besondere Harmonien und Emotionen. Insbesondere in seinen melancholischen Liedern scheint dies zum Tragen zu kommen. Wobei man des Isländischen wahrlich nicht mächtig sein muss, um die Intention hinter seinen Songs zu verstehen, denn die eindringliche Musik und Svavars Gesang sorgen dafür, dass man sich sehr gut in die jeweilige Stimmung einfühlen kann.
Es sind nicht die Liebeslieder, die sein Repertoire prägen – die würden inflationär von vielen anderen Musikern geschrieben, meint Svavar. Seine Songs handeln überwiegend von Freundschaft und von der Natur, die sich in seiner Heimat lieblich und ungezähmt wild zugleich zeigt. Die Texte an sich sind schon eindringliche Poesie, seine Lieder wunderschön vertonte Lyrik, die nur vordergründig von heulenden Winden, düsteren Wäldern und der rauen See handelt sondern eher die inneren Dämonen und Zerrissenheit der Menschen widerspiegelt. Einsamkeit und Trennungsschmerz sind dementsprechend Themen, die in nicht wenigen von Svavar Knúturs Liedern verarbeitet werden. Wobei gerade letzteres nach seiner Meinung nicht, wie in vielen Popsongs, auf aggressive oder zornige Art und Weise Gehör finden sollte, sondern durchaus konstruktiv verarbeitet werden kann wie im wunderbar gefühlvollen „Emotional anorexic“.
Überhaupt ist Svavar trotz aller Melancholie ein unheimlich positiv gestimmter Mensch, der mit Musik und gesprochenen Worten sein Publikum emotional umarmt. „Es ist eine sehr schöne Gemeinschaft hier“, findet er und man merkt deutlich, dass er sich nicht nur auf der Bühne wohlfühlt, sondern genauso unter seinen Fans, denn sein Weg führt ihn in der Pause nicht ins Backstage sondern mitten unter die Gäste, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Als den „Broccoli unter den Singer/Songwritern“ bezeichnet sich der Isländer gern selbst – vielleicht nicht das attraktivste Gemüse, aber sehr heilsam für alle, die ihn genießen. Und man möchte ergänzen: ein Konzert mit Svavar Knútur ist einfach Balsam für die Seele. Man ist gerührt, ergriffen und versucht, jeden Ton und jede Harmonie, mit dem der Musiker, seine wandelbare Gesangsstimme und das unglaublich vielseitige Gitarrenspiel den Saal füllt, in sich aufzusaugen.
Humorvolle Anekdoten über den isländischen Winter und die Eigenheiten verschiedener Sprachen würzen ein eindrucksvolles Konzert mit Svavar Knútur, dem es wie kaum einem anderen gelingt, so unglaublich schöne und einfühlsame Lieder zu schreiben, dass das Publikum nur zu gerne bereit ist, sich davon berühren zu lassen. „Und die Seele findet in den Melodien Licht“, heißt es in einem von Svavars Songs und mit Sicherheit werden viele Zuhörer die Tonträger dieses äußerst sympathischen Künstlers mit nach Hause genommen haben, um auch danach noch in der Stimmung dieses Abends schwelgen zu können.
Autor:Michael Pohl aus Osterburken |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.