Liedermacherin Hülya bei der Kulturkommode Osterburken
Zu Gast am 14.11.2015 in der Alten Schule in Osterburken
Hülya ist eine Künstlerin mit einer außergewöhnlichen Biographie. Als in der Oberpfalz aufgewachsenes Kind einer türkischen Großfamilie wurde sie in muslimischer Tradition aber dennoch weltoffen erzogen. Auch das Privileg einer musikalischen Ausbildung wurde ihr ermöglicht, sodass sie schon mit 16 Jahren die Möglichkeit hatte, eigene Songs zu schreiben und diese auf der Bühne zu präsentieren – und dies mit so großem Erfolg, dass die „FAZ“ Anfang der 2000er Jahre Hülya bereits als „die einzige deutsche Singer/Songwriterin mit internationalem Format“ titulierte.
Auszeit nach dem großen Durchbruch
Doch kurz vor dem ganz großen Durchbruch nahm sich die Musikerin eine Auszeit, beschäftigte sich intensiv mit ihrem Glauben und versuchte, den Islam so gut wie möglich in ihren Alltag zu integrieren und der oberflächlichen Welt des Showbiz zu entgehen, um sich für den Ruhm nicht verbiegen zu müssen. Diese religiöse Selbstfindungsphase, welche für viele in ihrer direkten Umgebung überraschend und in ihrer Konsequenz unverständlich war, hat sie mittlerweile hinter sich gelassen, erzählte Hülya während ihres Auftritts bei der Kulturkommode Osterburken im Saal der Alten Schule, und verarbeitet nun wieder ihre Ansichten und Einsichten, vor allem aber Eindrücke und Emotionen auf ganz persönliche Art und Weise in neuen Songs. Während sie zuvor auf dem Weg ins internationale Popgeschäft war, sieht sie sich nun als Liedermacherin, die nach wie vor in ihrer Religion verwurzelt ist, mit ihren Auftritten aber eine Brücke bauen will zwischen den Kulturen der islamischen und der westlichen Welt.
Aus Anlass der jüngsten dramatischen Ereignisse hat Hülya an diesem Abend ihre Setliste umgeschrieben und begann das Konzert mit Cat Stevens‘ „Peace Train“, in der Hoffnung, „dass wir alle auf diesen Friedenszug aufsteigen können.“ Ihren wunderbaren Gesang begleitet die mittlerweile in Nürnberg lebende Musikerin mit Gitarre und Klavier und wird bei ihren Konzerten, wie auch in Osterburken, vom Bassisten Alex Bayer unterstützt, der als unaufgeregte aber zuverlässige Begleitung seinen Kontrabass auf einfühlsame Weise zupft und streicht und dabei die Songs ebenso mitzuleben scheint wie Hülya selbst.
Überwindung sprachlicher und religiöser Grenzen
Authentizität ist Hülya ungemein wichtig – und das kommt nicht nur in ihren überwiegend selbst geschriebenen Liedern zum Tragen. „Ich merke, dass ich bei meinen Konzerten viel bewege“, sagt sie. „Alleine dadurch, dass ich den Leuten aus meinem Leben erzähle.“ Doch besonders in ihren Songtexten kommt viel von dem an, was Hülya denkt und fühlt. Sie singt in ihren Up-Tempo-Nummern und Balladen in deutscher, englischer und türkischer Sprache von den schönen Dingen des Lebens („Butter stone“), der Liebe, über ihren Glauben und Toleranz („Integration song“), aber auch von Erlebnissen, die sie belasten. Und so hat sie den vielen bettelnden Flüchtlingskindern, die sie bei einem ihrer letzten Besuche in Istanbul gesehen hat, mit „Istanbulun cocuklari“ ein Lied gewidmet, bei dem man der Künstlerin noch jetzt auf der Bühne anmerkt, wie aufwühlend für sie diese Situation gewesen sein musste.
Doch das ist es eben, was ein Konzert mit Hülya ausmacht: das Erleben Musik gewordener Gefühle, die sowohl sprachliche als auch religiöse Grenzen überwinden. Und das Osterburkener Publikum ließ sich auf diese musikalisch-emotionale Reise zwischen Orient und Okzident so gerne mitnehmen, dass Hülya und Alex Bayer erst nach drei Zugaben die Bühne verlassen durften.
Text: Martin Hammer
Fotos: Michael Pohl
Autor:Michael Pohl aus Osterburken |
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