Café del Mundo, 17.09.2016 in der Alten Schule, Osterburken
Während regnerisches Wetter das nahe Ende des Sommers einläutete, öffneten Jan Pascal und Alexander Kilian ihre Gitarrenkoffer, um bei der Kulturkommode im Duo als Café del Mundo die Zuhörer auf eine lautmalerische Reise mit südländischem Flair zu entführen. Nur zu gerne kamen die Besucher dieser musikalischen Einladung der zwei Flamenco-Gitarristen nach und so war die Alte Schule in Osterburken restlos ausverkauft. Längst haben die Beiden den Status der regionalen Nachwuchskünstler hinter sich gelassen und füllen als anerkannte Ausnahmemusiker quer durch die Republik die Konzertsäle. Auch im Ausland sorgen sie für musikalische Furore: eine im Anschluss an den Osterburkener Auftritt anstehende Konzertreise nach Madrid zeigt eindrucksvoll, dass sie selbst im Herkunftsland des Flamenco gefragt und beliebt sind.
Wird gemeinhin der Flamenco dem südlichen Andalusien zugerechnet, ist er doch vielmehr ein Stilmix verschiedenster Kulturen und Epochen. Es finden sich darin auch hispanoamerikanische, jüdische, maurische oder nordspanische Elemente wieder. So verlor sich auch an diesem Abend schnell die Befürchtung, einer eintönigen und engen Auslegung dieses immateriellen Kulturerbes zu erliegen. Café del Mundo haben ihr Repertoire aufs Äußerste abwechslungsreich zusammengestellt und gingen in ihrer Spielweise auf die verschiedensten Facetten des Flamenco ein, gelegentliche Ausflüge in den Jazz inklusive, wie z.B. eine hörenswerte Gitarreninterpretation des eigentlich für Klavier geschriebenen Chick Corea Klassikers „Spain“. Es sind vor allem die geschmackvollen Eigenkompositionen, die das Konzert einbetten und dominieren, gelegentliche musikalische Verbeugungen vor z.B. Paco de Lucia oder Astor Piazzolla runden die Musikfolge angenehm ab.
Diese Öffnung hin zu einer Vielschichtigkeit der Stilarten charakterisiert Alexander Kilian und Jan Pascal. So haben sie neben ihrem eigenen Gitarrenprojekt im Nachbarort Buchen bereits eine beachtenswerte Weltmusikreihe aus der Taufe gehoben und präsentieren dort nationale und internationale Künstler von Weltniveau.
Jan Pascal übernahm an diesem Abend auch den Part des Conférenciers. Hinter jedem Musikstück gab es eine Anekdote oder Geschichte, die er mit einem Augenzwinkern erzählte. „Leon dormido“ beschreibt die Schönheit des gleichnamigen Berges im Aitana-Gebirge, aber auch die mit ihm verbundene Tragik. Und „Una noche en Cadaqués“ strahlt spürbar die magische Atmosphäre des kleinen katalanischen Fischerortes aus, der bereits Salvador Dali bewog, in diesem Fischerort zu leben.
Ein derart ausgereifter Perfektionismus auf der Gitarre liegt einem natürlich im Blut, bedarf aber auch enorm viel Training, verrät Alexander Kilian. Mehrere Stunden täglich gleiten die Finger über den Gitarrenhals, beinahe erscheint es, als erledigen sie die filigranen Abfolgen bereits reflexartig und instinktiv. So gelingt es Kilian, seine Konzentration meisterhaft in den Griff zu bekommen, da wird während dieser Fingerübungen schon mal ein Buch gelesen oder ein Film angeschaut, schmunzelt er.
Auch das Publikum erahnt an diesem Abend, dass die gezeigte musikalische Leistung von Café del Mundo neben angeborenem Talent vor allem auf großer Disziplin und Anstrengung beruht. Beinahe blind scheinen sich die Musiker zu verstehen, wie hüpfende Spielbälle wirbeln die pfeilschnellen Fingerspiele von einer Akustikgitarre zur anderen, um sich dann immer wieder zu einer Einheit zu verschmelzen und im zweistimmigen Gleichklang zu harmonieren. Wenn diese faszinierende Leichtigkeit die Arrangements der beiden Ausnahmemusiker beinahe schwebend trägt und so auf den Gitarren einfühlsam und emotional dargeboten wird, gibt es bei den Zuhörern kein Halten mehr, immer wieder zollen sie in Beifallsstürmen dem Café del Mundo ihren Respekt und ihre Anerkennung.
Im Zugabenteil überraschte Café del Mundo das Publikum und auch Prof. Kálmán Irmai, Alexanders ehemaligen Musikschullehrer, mit einem vierhändigen, selbst komponierten Klavierstück auf dem Flügel. Ein beeindruckender Beweis dafür, dass eine Förderung durch die Musikschule die Basis für eindrucksvolle Künstlerkarrieren legen kann. Es ist schön zu sehen, wenn Künstler den verdienten Lohn für ihre Arbeit erfahren dürfen und so forderte das euphorische Publikum am Ende eines musikalischen Sommerabends mit großem Applaus zwei weitere gern gewährte Zugaben.
Autor:Michael Pohl aus Osterburken |
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