Der „Saustall von Kleinheubach“ im neuen Licht?
Ein Streifzug im Gemeindewald Kleinheubach mit Oliver Avemarie
Oliver Avemarie bezeichnet sich selbst als „ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger“. Keine Behörde, kein Landesamt für Archäologie hat ihn dazu bestellt. Es ist sein Hobby, er lebt sein Hobby und was das erstaunliche ist, er hat eine Menge Wissen von Boden- und Gesteinskunde bis hin zur Vor- und Frühgeschichte. Da er im hessischen Odenwald (Reinheim) zu Hause ist, war zu vermuten, dass er dort den Odenwald besser kenne, als den bayerischen Odenwald. Weit gefehlt: er kennt die Waldungen fast aller Gemeinden und Städte unserer Region. Auf Einladung durfte ich ihn kennenlernen und mit ihm den „Saustall“ in der Kleinheubacher Waldabteilung „Kahler Buckel/Scheuerbusch“ besichtigen.
Avemarie erzählte, wie er den Saustall kennen gelernt habe. Als er ihn zu ersten Mal sah, fiel ihm die Höhe der Steine auf, die zum Teil eher niedrig sind und Schweine locker darüber springe können. Dann die Linienführung der äußeren Steine, die sich schlängelnd, fast in der Form eines Dreiecks um den Platz zieht. Beim näheren Untersuchen der Steine stellte er fest, dass es auch höhere Steine gab, die an den Seiten markiert sind und in alle vier Himmelsrichtungen gleichermaßen verteilt sind. Doch nicht genug damit.
Bei einem weiteren Besuch der Anlage befreite er die zahlreichen Steinplatten von Ästen und Laub. Er stellt sich einmal auf einen der Steine, drehte sich auf der Stelle und dabei vielen ihn „Visiersteine“ mit Löchern auf, die sich von den anderen Steinen in der Außenmauer in ihrer Stellung und Form unterschieden. Anhand der Form der Mauer mit ihren ganzen Biegungen und Bodensteinen kam ihm der Gedanke, dass es sich bei diesem Bodendenkmal vielleicht um ein Sonnenobservatorium handeln könne.
Über Monate hinweg habe er bei den zuständigen Stellen und Behörden nachgeforscht. Nirgends war der Saustall verzeichnet, weder als Bodendenkmal noch als Saustall. Im Gemeindearchiv Kleinheubach habe er dann in einer Chronik eine nähere Beschreibung gefunden. Im Einzelnen ging es um einen Rechtsstreit aus dem Jahre 1789, als sich die Stadt Miltenberg mit den Gemeinden Rüdenau und Kleinheubach um die Waldbesitzerrechte am „Kahlen Buckel/Scheuerbusch“ stritten. Dort, so steht zu lesen, sei unter anderen auch Flachs gebrochen worden. Für Avemarie der Hinweis, dass es dort in frühen Vorzeiten kein Wald gegeben habe, sondern landwirtschaftliche Flächen. Die Vorfahren, so Avemarie weiter, konnten mit einem Sonnenobservatorium die Jahreszeiten sehr genau bestimmen. Dies war zum Beispiel für die Einbringung der Ernte wichtig. Dazu suchten damals die Menschen geographisch günstig gelegene Stellen. Diesen fanden sie dann auch oben auf dem „Kahlen Buckel“ in der Abteilung Scheuerbusch.
Bleibt die Frage offen, wer, wann und zu welchem Zweck dort oben Steine aufrichtete. War es wirklich ein „Saustall“, wie der Volksmund die Stelle beschreibt? Oder war es vielleicht doch eine frühzeitliche Kultstätte? Wir wissen es nicht.
Autor:Bernhard Setzer aus Breitendiel |
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