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Autismus - eine vielgestaltige Entwicklungsstörung

Simon kann gar nicht sprechen und kaum auf Ansprache reagieren; er kapselt sich ab und sortiert über Stunden hinweg seine Murmeln.

Max ist ganz fixiert auf seine Themen und überzieht, wo er geht und steht, andere Menschen mit langen Monologen; dabei sind die Formulierungen gewählt und die Sprachmelodie angespannt hoch.

So unterschiedlich diese beiden Jungen auf den ersten Blick scheinen, eines haben sie gemeinsam: beide Kinder sind autistisch.

Eine Autismus-Spektrum-Störung ist eine angeborene, komplexe, tiefgreifende neurologische Entwicklungsstörung, die sich in recht unterschiedlichen Symptomkombinationen und Ausprägungsgraden zeigt.

Meistens liegen genetische Ursachen zugrunde, die eine Störung der Hirnentwicklung zur Folge haben, dies führt zu einer familiäre Häufung von Erkrankungsfällen.
Aber auch traumatische Ursachen, insbesondere eine Hirnschädigung während der Schwangerschaft und unter der Geburt oder Stoffwechselstörungen können ursächlich für Autismus-Spektrum-Störungen sein.

Die bei Autismus-Spektrum-Störungen stets auftretenden Störungen der Informations- und Wahrnehmungsverarbeitung beziehen sich auf drei Kernbereiche:


Autismus - Soziale Interaktion, Kommunikation und Verhaltensrepertoire

Von Autismus Betroffene können zwischenmenschliche Abläufe und Zusammenhänge nicht durchschauen und tun sich schwer, grundlegende soziale Handlungsmuster zu erlernen, z. B. Beachten und Verstehen von Stirnrunzeln oder anerkennendem Nicken, Blickkontakt und Nachahmung und Herstellen eines geteilten Aufmerksamkeitsfokus (wie dem anderen etwas Interessantes zu zeigen).

Es kommt zu Unregelmäßigkeiten bei der Verarbeitung sensorischer Reize (z. B. Überempfindlichkeit gegenüber Geräuschen, Lichtreizen, Berührung oder Gerüchen), beim Bewerten und schlussfolgernden Verarbeiten von Informationen und z.B. in der Organisation des eigenen Handelns, wie z. B. sich anzuziehen. Daraus ergibt sich ganz allgemein eine ungewöhnliche Art des Lernens und Denkens, die sich auf das zwischenmenschliche Geschehen auswirkt und zu beidseitigen Missverständnissen und Verunsicherungen führt.

Die Skala der Sprachlichen Beeinträchtigungen bei Autisten ist sehr breit.
Etwa die Hälfte der autistischen Menschen spricht gar nicht oder kommuniziert in Ansätzen mit Hilfe stereotyper Wörter oder kurzer Sätze, auswendig gelernter Redewendungen (Floskeln) oder wörtlichem Wiederholen von gehörten Wörtern oder Sätzen.
Andere haben Schwierigkeiten hinsichtlich Artikulation, Wortschatz oder Grammatik. Wieder andere drücken sich zwar auf hohem Niveau aus, jedoch ohne die Regeln und Normen eines zwischenmenschlichen Dialogs zu berücksichtigen und z. B. darauf zu achten, ob der Partner noch am Thema interessiert ist.

Das Verstehen einer Aufforderung oder Bitte basiert bei Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen häufig auf dem Situationszusammenhang. Nicht die Worte geben die Information, sondern vor allem die visuellen (und sonstigen) Reize, die mit der Situation verknüpft sind und ihr aus Sicht der autistischen Person Bedeutung verleihen.

Auffällig ist z.B. die Wortwörtlichkeit, mit der verbale Äußerungen verstanden werden. Das, was hinter den Worten liegt bzw. „zwischen den Zeilen steht“, was also nicht direkt gesagt wird, aber eigentlich gemeint ist, ist für Personen mit Autismus nur schwer zu entschlüsseln. Entsprechend haben sie auch große Probleme, ironische Bemerkungen oder Witze als solche zu verstehen.

Charakteristisch sind eingeschränkte, sich wiederholende und stereotype Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten. Alltägliche Aufgaben werden starr und routiniert ausgeführt. Betroffene bestehen häufig darauf, bestimmte Handlungsroutinen in bedeutungslos erscheinenden Ritualen auszuführen. Es können sich ständig wiederholende Beschäftigungen mit Daten, Fahrrouten oder Fahrplänen ergeben. Motorische Stereotypien, wie Schaukeln, Wedeln, Kreiseln von Dingen sind häufig zu beobachten ebenso wie ein außergewöhnliches Interesse an Teilaspekten von Objekten (z.B. wie diese riechen oder sich anfühlen). Menschen mit Autismus können große Probleme mit Veränderungen von Handlungsabläufen oder Details der persönlichen Umgebung (wie etwa Veränderungen der Dekoration oder der Möbel in der Wohnung, Veränderung der Kleidung, etc.) haben und zum Teil sehr stark auf diese Veränderungen reagieren.

Neben den beschriebenen Merkmalen leiden Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen häufig noch unter einer Reihe weiterer Probleme. Dies können übergroße Befürchtungen, Ängste, Schlaf- und Essstörungen sowie herausforderndes Verhalten in Form von Wutausbrüchen und fremd- oder selbstverletzendem Verhaltensweisen sein. Die meisten Betroffenen lassen Spontanität, Initiative und Kreativität vermissen. Sie haben Schwierigkeiten, Entscheidungen zur Bewältigung einer Aufgabe zu treffen.

Diagnose durch den Kinder- und Jugendpsychiater

Die Diagnose wird von erfahrenen Fachärzten nach einer eingehenden kinder- und jugendpsychiatrischen Untersuchung gestellt. Eine frühe Diagnose nach anerkannten Kriterien ist je nach Autismustyp bereits im Kindergartenalter möglich. Gelegentlich kommt es erst im Jugend- oder Erwachsenenalter zur Feststellung der Autismus-Spektrum-Störung.
Im besten Fall sind die Eltern gefühlsmäßig schon in den ersten Monaten beunruhigt, wenn ihr Kind in mehrfacher Hinsicht schwierig erscheint: z. B. wenn es ungewöhnlich viel schreit, Probleme beim Schlafen und Essen hat, keinen Blickkontakt sucht und sich nicht für soziale Kontakte oder Spiele interessiert. Weitere Anhaltspunkte sind: eine auffällige oder ausbleibende Sprachentwicklung (z. B. kein Lallen) oder gar Rückschritte in der Sprache; die Unfähigkeit, die Körpersprache zu verstehen oder kommunikativ zu benutzen; sozialer Rückzug; allzu stereotypes Spielen; seltsame Verhaltensweisen wie Flattern mit den Händen; Erregbarkeit durch Veränderungen; außergewöhnliche Interessen; wenig Einfühlungsvermögen bzw. erkennbare Anteilnahme (Empathie).

Die ZDF-Doku 37° gibt einen guten Überblick über diese geschilderten Symptome:

Je früher auf Anzeichen reagiert wird und eine von Fachleuten angeleitete und speziell auf Autismus abgestimmte Förderung stattfindet, desto besser die Prognose dieser fundamentalen Entwicklungs- und Lernstörung. Ganz besonders wichtig ist es, die Eltern umfassend zu informieren und einzubeziehen.

Therapie: kleinschrittiges Vorgehen, Vermittlung von kommunikativen Schlüsselkompetenzen

Autistische Kinder können erst dann die Fähigkeiten, auf die es ankommt, erlernen, wenn wir gewisse Rahmenbedingungen und Lernsituationen schaffen. Dazu gehören u.a. extrem kleinschrittiges Vorgehen und der Einsatz spezieller Techniken.

Hauptanliegen in der Sprachtherapie bei Patienten mit Autismus-Spektrum-Störungen ist also, einesteils jene Grundkompetenzen zu fördern, von denen Sprachentwicklung wesentlich abhängt, und andernteils Fertigkeiten in allen Bereichen der Sprache und des Sprechens aufzubauen oder zu verbessern.

Komm!ASS® - Anbahnung der Kommunikation bei Autismus-Spektrum-Störungen

Mithilfe gezielter Reizsetzung und konstanter körpernaher Führung wird dabei die Grundlage für die Sprachanbahnung geschaffen. Die Förderung der gemeinsamen Aufmerksamkeit und der Freude an lautsprachbegleitenden Gebärden sind u.a. Therapiebausteine, die in Komm!ASS® zum Einsatz kommen.

Fast allen autistischen Kindern fällt es sehr schwer, sich zu öffnen und mit anderen in Kontakt zu treten. Versucht man, durch Ansprechen oder gar Anfassen eine Verbindung zu ihnen aufzubauen, ist die erste Reaktion meist ein Abwenden. So signalisieren sie: „Stör mich nicht!“

Vor allem die ersten Therapiestunden sind es daher, in denen man es schaffen muss, einen Draht zu den Patienten aufzubauen. Dies kann durch diverse therapeutische Hilfsmittel gelingen, zum Beispiel Seifenblasen. Aktivitäten wie das Seifenblasenmachen werden immer mit großen Gesten begleitet, und z.B. ein unverkennbarer Laut hinzugefügt: „Huuu“.

Handlungssequenzen werden oft wiederholt, jedes Mal mit derselben einladenden Gebärde und demselben Laut oder Ausruf. So gewinnt man die Aufmerksamkeit´des Kindes. Oft dauert es nur wenige Stunden dann erkennt das Kind: „Austausch ist ein spannendes Spiel!“ Ein weiterer großer Schritt ist gemacht. Und irgendwann – bei manchen bereits nach wenigen Wochen, bei anderen erst nach einigen Monaten oder auch Jahren, kommt der Moment, an dem das Kind mit dem Therapeut „spricht“. Es wiederholt z.B. erstmals einen Laut: „Huuu“. Dieser Augenblick ist etwas ganz Besonderes – vor allem für die Eltern, die oft jahrelang auf ein solches Kommunikationssignal ihres Sohnes oder ihrer Tochter gewartet haben.

Im Gegensatz zu vielen anderen Ansätzen geht das Komm!ASS®-Konzept davon aus, dass nicht das oft praktizierte Vermeiden von Reizen bei den Patienten zu einer besseren Wahrnehmung führt, sondern das hochfrequente Anbieten von vielen verschiedenen Reizen. Und damit das Erlenen einer gezielten Reizselektion im Alltag. Durch die enge Führung und das Erlernen der Fähigkeit, Reize zu selektieren, zeichnet sich bei den Kindern ein ganz neues Entwicklungspotenzial ab.
Eltern bekommen nur wenige Aufgaben für zu Hause, denn das Kind beginnt von allein, sein Verhalten und seine Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme zu verändern. Die Erfahrung zeigt: Wenn man das Kind in einer Spielwelt vielen gezielten Reizen aussetzt, es zu Gebärden auffordert, diese Gebärden anfangs führt, sie dann mit Lauten und Worten verbindet, dann merkt es bald: „Körperkontakt ist etwas Schönes, gemeinsames Gebärden macht Spaß.“ Und die neue, positive Erfahrung macht es möglich, dass sich das Kind lenken lässt, immer mehr von seiner Umwelt wahrnimmt und es Sprache irgendwann begreift und selbst nutzt.

Sollten sie Interesse an der Therapie nach dem Komm!ASS® haben oder weitere Informationen benötigen, rufen Sie uns gerne an:

Praxis für Sprachtherapie Stephanie Endres, Poststr. 13, 63924 Kleinheubach; www.sprachtherapie-endres.de

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