Stabsrahmenübung
Einsatzkräfte arbeiten in Übung Unwetterszenario im Raum Kirchzell ab
Ein großes Aufgebot der Hilfsorganisationen hat am Samstag den ganzen Tag lang eine Großschadenslage in Kirchzell geübt. Im Einsatz waren dabei nicht nur Kräfte aus dem Landkreis Miltenberg, sondern auch Feuerwehren aus dem Bundesland Rheinland-Pfalz mit insgesamt 60 Einsatzkräften.
Die sogenannte Stabsrahmenübung spielte den Ernstfall durch – beginnend mit der Ausrufung des Katastrophenfalls durch das Landratsamt Miltenberg, der Alarmierung der Feuerwehrbereitschaft aus Rheinland-Pfalz durch die Regierung von Unterfranken und das Bayerische Innenministerium am vergangenen Montag bis hin zur Anreise am Freitag in die Räume der Mozartschule Elsenfeld. Hier übernachteten die Feuerwehrleute und richteten die Technische Einsatzleitung ein. Die
Feuerwehrbereitschaft bestand ausschließlich aus Führungskräften der Wehren, die später in der Odenwaldgemeinde Kirchzell und ihren Ortsteilen das Zusammenspiel mit der Führungsgruppe Katastrophenschutz im Landratsamt, den dort eingesetzten Fachberatern der Hilfsorganisationen sowie den lokalen Kräften vor Ort im Feuerwehrhaus Kirchzell übten.
Auch in den Räumen der Polizeiinspektion Miltenberg (Polizei) sowie beim Roten Kreuz in Obernburg (BRK) waren Stabsräume eingerichtet. Beteiligt an der Übung waren zudem die Bergwacht, das Technische Hilfswerk, die Feuerwehr Kirchzell, der Krisenstab der Gemeinde Kirchzell mit Bürgermeister Stefan Schwab sowie die Unterstützungsgruppe der Örtlichen Einsatzleitung. Zum örtlichen Einsatzleiter war Kreisbrandrat Martin Spilger ernannt worden. Er koordinierte im Zusammenspiel mit den Hilfskräften die Einheiten.
Das Szenario: Die Feuerwehrbereitschaft war angefordert worden, nachdem ein Unwetter im Kirchzeller Gemeindegebiet in Richtung des Dreiländerecks Überschwemmungen und Waldbrüche verursacht hatte. Da die örtlichen Wehren aus Kirchzell und den zu Hilfe gerufenen Nachbarorten nicht mehr in der Lage waren, dieses Großschadensereignis abzuarbeiten, wurde durch Landrat Jens Marco Scherf der Katastrophenfall ausgerufen und Hilfe angefordert. Die kam dann in Form einer Feuerwehrbereitschaft aus Rheinland-Pfalz.
Insgesamt 160 Einsatzkräfte waren von morgens bis zum frühen Abend im Einsatz. Die Übung begann am Samstagmorgen um 9 Uhr, als Kreisbrandinspektor Hauke Muders im großen Sitzungssaal das Übungsszenario vorstellte. Mit einer perfekt per Video inszenierten Fernseh-Live-Berichterstattung aus dem Krisengebiet bereitete Muders die Kräfte darauf vor, was in Kirchzell zu erwarten war. Mit dabei war auch Landrat Jens Marco Scherf, der die Einsatzkräfte begrüßte und später vor Ort in Kirchzell große Teile der Übung live mitverfolgte und sich einen Eindruck verschaffte, wie Ereignisse wie beispielsweise eine blockierte Staatsstraße, eine von den Fluten weggerissene Brücke, von der Außenwelt abgeschnittene Ortsteile, ein Erdrutsch, ein Brand, eine überschwemmte Kläranlage, ein überspülter Friedhof, eine vermisste Person, beschädigte Gebäude und ein überschwemmter Campingplatz abgearbeitet wurden.
Man hätte meinen können, dass das Szenario übertrieben war, aber mehrere Feuerwehrleute bestätigten, dass genau die abzuarbeitenden Fälle beim verheerenden Unwetter im Ahrtal aufgetreten waren. Dort waren auch Hilfskräfte aus dem Landkreis Miltenberg insgesamt vier Wochen im Einsatz. 19 Ereignisse hatte die Miltenberger Kreisbrandinspektion entworfen, die auf die Einsatzkräfte warteten. Dabei stellte sich schnell heraus, wie wichtig die Kommunikation untereinander ist: Wer bekommt welche Informationen? Welche Informationskanäle werden genutzt? Gibt es Brüche in der Informationskette? Wird das Einsatzprotokollsystem EPSweb korrekt eingesetzt? Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit dem Lagezentrum im Landratsamt? Wo bekommt man Informationen aus den Ortsteilen her? Sind die unterschiedlichen Strukturen der Hilfskräfte aus Rheinland-Pfalz und Bayern ein Hindernis? Auf die Stabsstelle der RheinlandPfälzer wartete darüber hinaus eine weitere Aufgabe: Sie musste die Versorgung ihrer Kräfte sicherstellen, Kontakt zu Geschäften und Lieferanten herstellen und schauen, wo Verpflegung – auch am Wochenende – für im Ernstfall hunderte Kräfte organisiert werden kann.
Der Feuerwehr aus Kirchzell und auch Bürgermeister Stefan Schwab kamen ebenfalls wichtige Aufgaben zu: Ihre Ortskenntnis erwies sich als unentbehrlich – etwa als es um Möglichkeiten ging, über Feld- oder Waldwege abgeschnittene Ortsteile zu erreichen. Zudem waren die Wehrleute als Lotsen für die Kollegen aus Rheinland-Pfalz im Einsatz, denn diese hatten keine Ortskenntnis – und rein auf Google Maps wollten sie sich nicht verlassen.
Alle 30 Minuten setzte Einsatzleiter Martin Spilger Besprechungen bei der Einsatzleitung am Feuerwehrhaus mit Vertretern aller Hilfsorganisationen an, um gemeinsam auf den aktuellen Stand zu kommen und das weitere Vorgehen zu besprechen.
In der abendlichen Nachbesprechung im großen Sitzungssaal des Landratsamtes ließ Kreisbrandinspektor Hauke Muders die Übung Revue passieren. Dabei zog er eine positive Bilanz. Gerade durch solche Übungen merke man, wo Nachbesserungen notwendig sind. Die werde man im Nachgang im kleinen Kreis abarbeiten, kündigte er an. Man werde sich auch gegen Ende des Jahres nochmals mit den Kameraden aus Rheinland-Pfalz treffen, um deren Erkenntnisse und die daraus folgenden Ergebnisse zu besprechen. Sicher sei, dass man eine solche Übung in angemessenem Abstand nochmals abhalten werde – dann in Rheinland-Pfalz. Muders hob die gute Zusammenarbeit aller Organisationen hervor und bedankte sich für den guten kameradschaftlichen Umgang untereinander. An diesem Wochenende seien neue Freundschaften entstanden, stellte er fest.
Landrat Jens Marco Scherf dankte allen haupt- und ehrenamtlichen Kräften im örtlichen und überörtlichen Katastrophenschutz für ihren unermüdlichen Einsatz, gerade auch in der Vorbereitung auf mögliche Schadenslagen. Er zeigte sich davon überzeugt, dass solche Szenarien nur unter einer strukturierten Führung abgearbeitet werden können. Nach diesem Tag schaue er zuversichtlich in die Zukunft, stellte er fest.
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