Gitarren als echte Kunstwerke
Tag der Offenen Tür beim Gitarrenbauer
Hettigenbeuern. Autos mit Kennzeichen aus Heidelberg, Düsseldorf, Frankfurt, Mainz und Berlin tummelten sich im sonst eher beschaulichen Hettigenbeuern, viele Menschen aus dem Dorf und der näheren Umgebung strömten Richtung Ortsmitte, zum sogenannten „Rank“. Denn hier hatte Gitarrenbauer Johannes Stuhl, unter Fachleuten bekannt mit seiner Marke „GrisGris“, zum „Tag der Offenen Tür“ eingeladen. Überwältigt zeigte sich der gebürtige Hettigenbeuerner von der enormen Resonanz und den vielen herzlichen Rückmeldungen auf sein Event.
Entspannte Atmosphäre und Live-Musik
Ganz bewusst hatte der bescheidene Künstler gar nicht so sehr die Werbetrommel gerührt und zeigt sich entsprechend erfreut, dass so viele Weggefährten, Kunden und Freunde selbst sehr weite Anfahrtswege auf sich genommen haben und auch viele Mitbürger aus Hettigenbeuern Interesse an seiner Arbeit zeigten. Schätzungsweise 80 bis 100 Interessierte nutzten die Möglichkeit, die neue Werkstatt zu sehen, durch das Anwesen zu schlendern, sich mit selbstgebackenen Köstlichkeiten, Kaffee oder Kaltgetränken zu stärken, mit anderen Gitarren-Liebhabern zu fachsimpeln, mal die ein oder andere Gitarre auszuprobieren oder die Live-Musik im Hof zu genießen: So familiär und entspannt wie die ganze Atmosphäre der Veranstaltung war auch die handgemacht-ehrliche Musik von „Sugar Weather“ (Brandon Paul, USA) und der „City Boys“ (Johannes` Band aus Heidelberger Zeiten mit Mitja und Therry).
Back To The Roots
Schon länger hatte Johannes Stuhl geplant, die Pforten zu seiner neuen Wirkungsstätte zu öffnen. Denn nach seinem Studium der Musikwissenschaften in Würzburg und dem Instrumentenbau-Studium in Markneukirchen hatte er sich bereits 2015/16 in Heidelberg, ab 2016 im Mudauer Ortsteil Langenelz und nun seit 2021 in Hettigenbeuern seine Werkstatt eingerichtet. Mit Unterstützung der Familie und viel Liebe zum Detail hat er das Haus der verstorbenen Großeltern hergerichtet. Heute steht seine Werkbank in dem Raum, in dem jahrzehntelang sein Großvater Hubert Eck Körbe aus Weiden geflochten und ihm diese Technik auch beigebracht hatte. Johannes schmunzelt: Es war also quasi ein Schritt „back to the roots“.
Perfektionist fertigt auch Auftragsarbeiten
Eine Hommage an die Großeltern und ihr Haus konnte man auch im Ausstellungsraum bewundern: eine Upcycling-Gitarre mit Materialien aus dem Haus. So hat er den Korpus aus dem Küchenschrank und den Hals aus der Tischplatte, auf der früher geschlachtet wurde, gefertigt und mit Blumenranken eines Bilderrahmens als Einlegearbeiten verziert – alles mit viel Liebe zum Detail. Das ist überhaupt DAS Charakteristikum der Gitarren aus der Hand von Johannes Stuhl. Wer den Blick durch den Ausstellungsraum schweifen ließ oder einzelne Exponate in die Hand nahm, war sich sicher: Egal ob Akkustik-Gitarre mit handgefertigten Intarsien, E-Gitarre oder Jazz-Gitarre – hier war ein Perfektionist am Werk.
Alles echte Handarbeit
Denn selbst Metallteile und Tonabnehmer, die Gitarrenbauer üblicherweise zukaufen, stellt Johannes Stuhl selbst her, denn „mir ist es wichtig, dass es individuell ist und ich den Klang so gestalten kann, wie es mir vorschwebt.“ Aktuell sind fünf bis sechs neue Gitarren im Entstehen, wobei Gitarrenbauer Stuhl vor allem seine eigene Form von Telecastern (einem Modell der 50er Jahre) weiterentwickelt. Aber auch Reparaturen oder persönliche Auftragsarbeiten genau nach den individuellen Wünschen der Kunden finden sich in seinen Werkräumen. Neueste Auftragsgitarre ist eine Bariton-Gitarre mit besonderer Mensur, d.h. besonderer Größe und Stimme in den Farben Rot und Schwarz und mit eingearbeiteten Zeichnungen des Auftraggebers. In aller Individualität wird ein Fachmann sicher eindeutig die „GrisGris“-Gitarre wiedererkennen.
GrisGris meint Glücksbringer
Für einige Besucher war gerade auch die Frage nach dem Ursprung des Markennamens interessant und so erklärt der Jung-Unternehmer, dass dies Glücksbringer (Säckchen mit Kräutern) im Voodoo seien und dass eben Voodoo und Blues und Gitarren einfach gut zusammenpassen würden. Dass die Heddebörmer „GrisGris“ für die Kunden und für Johannes Stuhl echte Glücksbringer sind, das wünschen sicher alle dem sympathischen jungen Mann.
Wertvolle Vintage-Gitarren restauriert
Denn im Sommer dieses Jahres wagte Johannes Stuhl den Schritt in die absolute Selbständigkeit. Etwa vier Jahre hatte er neben seiner eigenen Werkstatt noch im renommierten „GuitarPoint“ in Maintal gearbeitet und dort hochwertige Vintage-Gitarren restauriert und instandgesetzt. Für die Zeit dort und die vielen Erfahrungen, die er dort machen konnte, ist Johannes Stuhl überaus dankbar. Denn „durch die Reparatur lernt man viel über den Neubau und mögliche Kinderkrankheiten von Gitarren“ und er hat dort sehr viel positives Feedback für seine Arbeit auch von weltweit bekannten Künstlern bekommen. Die Herausforderung, Gitarren mit teilweise sechsstelligem Wert herzurichten, hat er gerne angenommen und würde seine Fertigkeiten da auch gerne weiterentwickeln.
Aber ist es dann nicht ein Risiko, diese sichere Stelle aufzugeben und alleine von den eigenen Aufträgen zu leben? – Man nimmt Johannes Stuhl jedes Wort ab, wenn er sagt: „Natürlich ist es das. Aber man muss ein Risiko eingehen und mutig sein, wenn man von etwas überzeugt ist. Für mich ist das jetzt der richtige Schritt.“ Der Erfolg seines „Tags der Offenen Tür“ scheint ihm recht zu geben.
Autor:Regina Eck aus Hettigenbeuern |
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