Vom "Schwarzen Stein", einer besonderen Höhle und einem außergewöhnlichen Naturdenkmal im Kaltenbachtal
Abseits der Hauptverkehrsstraßen
liegt zwischen Miltenberg, Walldürn und Hardheim ein sehenswertes, romantisches Tal.
Es ist das Kaltenbachtal mit drei ehemaligen Mühlen, die ihre ursprüngliche Funktion zwar aufgegeben haben, aber an Attraktivität nicht eingebüßt haben.
Hier gibt es auch ein Naturdenkmal zu entdecken: den "Schwarzen Stein", früher auch die "Zigeunerhöhle" genannt.
Warum heißt die Kaltenbacher Höhle auch Zigeunerhöhle?
Fahrendes Volk, Reisende, Klein-Kriminelle, ungebundene Gruppen und Einzelpersonen wurden oft auch als Zigeuner bezeichnet.
Den Begriff Zigeuner gibt es im deutschen Sprachgebrauch ab der Frühen Neuzeit - seit dem frühen 15. Jahrhundert - und soll sich ableiten von „herumziehenden Gaunern“.
Da diese Angehörigen von der Obrigkeit und den Behörden früher vielerorts keine Aufnahmegenehmigung erhielten, waren sie gezwungen, weiter zu ziehen und sich unerlaubterweise eine Bleibe für einige Tage und Nächte zu suchen.
Orte im Wald mit natürlichen Höhlen waren dafür wie geschaffen und blieben im Gedächtnis der Einheimischen.
Als mündliche Erzählungen wurden diese geheimnisvollen Orte oft auch in Form von Sagen an die nächste Generation weiter gegeben.
Der Schwarze Stein im Kaltenbachtal , früher auch „Zigeunerstein“ oder „Zigeunerhöhle“ genannt, verweist also auf einen bevorzugten Aufenthalt von Reisenden, die sich den Aufenthalt in Herbergen oder das Warten auf eine legale Bleibe sparen wollen.
Der diskriminierende, abwertende topographische Name „Zigeunerhöhle“ wurde nach 1945, nach dem Zweiten Weltkrieg, durch einen gefälligere, vielleicht auch besser passende, positiv besetzte Bezeichnung ersetzt.
Übrigens: Aus dem Sprachgebrauch deutschsprachiger Verwaltung und Medien ist der Begriff „Zigeuner“ inzwischen glücklicherweise verschwunden.
Was weiß man über den „Schwarzen Stein“ (die Zigeunerhöhle) bei der Spritzenmühle im Kaltenbachtal?
Beim „Schwarzen Stein“ handelt es sich wohl um eine durch Erd-Verschiebung auf natürlichem Wege entstandene kleine Höhle, die auch „Zigeunerhöhle“ oder „Zigeunerstein“ genannt wird.
Die Höhle diente über viele Jahrhunderte hinweg manchen Vorbeiziehenden als Unterschlupf oder nächtliche Bleibe, vielleicht auch als Versteck.
So sollen in der Höhle unter anderem oft Zigeuner (deswegen der Name Zigeunerhöhle), aber auch politische Flüchtlinge (zum Beispiel während und nach der Französischen Revolution) und Klein-Kriminelle gewohnt haben.
Im 17. Jahrhundert, während der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, war die Höhle offenbar am populärsten. In dieser Zeit soll hier ein regelechtes Kommen und Gehen gegeben haben.
Dank der günstigen Beschaffenheit der Höhle mit einer kleinen Luftöffnung seitlich oben im hintersten Höhlenbereich, konnten die hier Zuflucht Suchenden im Inneren der Höhle eine Feuerstelle betreiben.
Die daraus resultierenden Ruß-Ablagerungen an den Innenwänden und an der Decke der Höhle gaben ihr den Namen "Schwarzer Stein".
An dieser hinteren kleinen Öffnung sind noch Reste eines kleinen Kamins zu erkennen. Ob sie von einem Wander-Schuster stammen, der hier einige Zeit gelebt und die Höhle als Werkstatt oder Depot benutzt haben soll, ist nicht mehr nachweisbar.
Weitere Spuren - wie Inschriften oder Malereien - gibt es nicht. Das Sandstein-Material ist sehr hart und resistent und zeigt im Höhlen-Inneren kaum Verwitterungsspuren.
Was ist ein Naturdenkmal?
Ein Naturdenkmal ist beispielsweise eine seltene Felsbildung oder eine andere geologische (erdgeschichtliche) Besonderheit. Es steht rechtsverbindlich unter Schutz, unter Naturschutz.
In diese naturgeschützte Kategorie gehören auch Bäume und Baumgruppen, überwiegend Eichen, Linden, Kiefern und Rosskastanien.
Die meisten unserer Naturdenkmale wurden Anfang des 20. Jahrhunderts ausgewiesen und als ein Verzeichnis der Naturdenkmale angelegt.
Laut Liste gibt es im Landkreis Miltenberg noch rund 50 schützenswerte Naturdenkmale.
Hierzu gehören:
• die Siegfriedsquelle bei Amorbach,
• der Thingplatz bei Amorbach-Reichartshausen,
• das Buntsandstein-Steinmeer bei Mönchberg,
• die Heunenschlucht bei Klingenberg
• oder eben die Steinhöhle oder der „Schwarzer Stein“ bei Eichenbühl-Heppdiel
im Volksmund auch „Zigeunerhöhle“ genannt.
Was ist eigentlich Buntsandstein ?
• Er bezeichnet einen bestimmten Gesteinstyp,
• also keinen buntgefärbten Sandstein,
• sondern eine meist mehrere hundert Meter mächtige Gesteinsfolge aus
Sandstein und anderen Gesteinen (Silt, Tonsteine, Kalkstein, Gips).
Der Buntsandstein entstand im Erdzeitalter der Trias vor 253 bis 247 Millionen Jahren.
Das entspricht einer Zeitdauer von etwa sechs Millionen Jahren.
Die Gesteine des Buntsandsteins bestehen überwiegend aus kontinentalen Ablagerungen wie roten Konglomeraten, Sand- und Tonsteinen.
Es gibt den oberen, mittleren und unteren Buntsandstein.
Wegen der leichten Spaltbarkeit und auch wegen der Konsistenz wurde der Buntsandstein (vor allem die Schicht des Mittleren Buntsandsteins) häufig als Baumaterial für Bauwerke verwendet.
Buntsandstein entdeckt man als Baumaterial bei Kirchen, Burgen, Schlössern, Rathäusern, Schulen, Brunnen, Bildstöcke, Schmuckornamenten, Fenster- und Türrahmen vieler Gebäude, zum Beispiel für das Schloss Johannisburg in Aschaffenburg, für den Kaiserdom in Frankfurt sowie für das Freiburger und Straßburger Münster.
Wie ist der Buntsandstein entstanden?
Vor 260 Millionen Jahren überschwemmte das so genannte Zechsteinmeer den Odenwald und überdeckte ihn mit Anlagerungen.
Hochwasserführende Flüsse führten Sande mit, die sich als 270-Meter-dicke Schicht ablagerten, vor allem in Tümpeln und flachen Seebecken.
Der Mittlere Buntsandstein entstand als 140 Meter dicke Schicht im kontinentalen, trockenen Bereich.
Der Obere Buntsandstein entstand im Odenwald nach tektonischen Bewegungen und Meeresüberflutungen.
Vor 45 Millionen Jahren löste die Absenkung des Oberrheingrabens Erschütterungen im Gebiet des heutigen Odenwaldes aus.
Dabei zerbrachen Gebirgsblöcke und es bildeten sich Gräben.
Die hiesige Flüsse und Bäche schnitten sich anschließend noch tiefer ins Gestein ein.
Das feuchtwarme Klima der Tertiärzeit begünstigte die Verwitterung.
Mächtige Buntsandstein-Schichten wurden zerkleinert und von den Flüssen abgetragen.
Der kristalline Bergrumpf wurde vielerorts frei gelegt. Steile Hänge blieben zurück.
Der Sandstein verwitterte, verlor zum Teil seine Festigkeit und wurde auch ausgewaschen.
Neue Angriffspunkte für die Auflockerung des Materials entstanden und das Gestein zerfiel schließlich zu Sand.
Dabei entstanden auch Sandsteinklippen und Schluchten.
Die oberen Partien auf dem Höhenrücken zerrissen in Blöcke, die anschließende chemische Verwitterung zersetzte sie in kleine Bestandteile.
Später legten Regengüsse die Felsen frei und spülten die Sande und Tonpartikel auf die Hänge und ins Tal, wo die Bäche sie abtransportierten.
In Auftauphasen zum Ende der letzten Eiszeit vor rund 10 000 Jahren rutschten Felsen auf dem Permafrost abwärts und bildeten Blockmeere.
Eine besondere widerstandsfähige Form ist der an der Höhle im Kaltenbachtal ersichtliche Kristallsandstein.
Am Bullauer Berg bei Miltenberg liegen seit Jahrhunderten die Heunesäulen oder Hünensäulen. Die waren vor Ort behauen worden, wurden aber nicht abgeholt.
Der Buntsandstein bildet oft spektakuläre Verwitterungsformen, isolierte Felsen von mehreren zehn Meter Höhe. Die „lange Anna“ ist 47 Meter hoch: es ist das bekannteste Wahrzeichen der Insel Helgoland und wurde 1969 zum Naturdenkmal ernannt.
Was bedeutet Buntsandstein-Odenwald?
Der östliche Odenwald ist eine hochflächenartige Mittelgebirgslandschaft.
Er besteht aus Buntsandstein, der 40 bis 45 Millionen Jahre nach dem Ende der Variszischen Gebirgsbildung entstanden ist
Die durchschnittlich 250 Millionen Jahre alten Sandsteine aus dem Erdmittelalter sind Verwitterungsmaterialien des Varistischen Gebirges .
Unter Druck der darüberliegenden Gesteinschichten haben sich die Sandsteinschichten zu Gestein verfestigt.
Besondere Höhle im Kaltenbachtal
Begriffserklärung: Was ist eine Höhle?
Ein Höhle ist laut Definition der Höhlenforschung (der Speläologie) ein natürlich entstandener unterirdischer Hohlraum, der groß genug ist, um von Menschen betreten zu werden und länger ist als fünf Meter.
Oder: Höhlen sind ausschließlich natürlich entstandene Hohlräume. Höhlen entstehen durch geologische, erdgeschichtliche Prozesse.
Die Höhle „Schwarzer Stein“ im Kaltenbachtal im Odenwald ist sicherlich keine primäre Höhle, die gleichzeitig mit dem sie umgebenden Gestein entstanden sind, wo während der Sedimentation Hohlräume ausgespart blieben.
Es ist eine sekundäre Höhle, die später als das umgebende Gestein entstanden ist. Aber nicht chemische oder mechanische Verwitterung waren der Entstehungsgrund, wohl eher dürfte die Tektonik eine Rolle gespielt haben - also es waren Bewegungen der Erdkruste oder von Gesteinsschichten im Spiel.
Neben der „Tektonischen Höhle“ ist auch der Begriff „Versturzhöhle“ passend: ein Höhle also , die durch Bewegung und Versturz entstanden ist.
Die Höhle im Kaltenbachtal ist mit ihren rund fünf Metern Länge eine Kleinhöhle ohne Verzweigungen.
Es gibt nur einen Eingang.
Ein Licht- und Luftschacht im hinteren Bereich hat sich in den letzten Jahren ausgeweitet. Erdreich (kleine Gesteine, Humus) ist von oben eingebrochen.
Auch der Boden der Höhle ist mit Schutt und Kleingeröll überspült.
Diese Höhle ist keine Kalkstein-Tropfsteinhöhle mit Stalagmiten und Stalaktiten wie im benachbarten Eberbach bei Buchen im Odenwald oder in der bekannten Teufelshöhle bei Pottenstein in Oberfranken in der dortigen Fränkischen Schweiz.
Es handelt sich vielmehr um eine in Bewegung und in Schieflage geratene Gesteinsplatte, die von einer anderen Buntsandstein-Kanzel aufgehalten und gebremst wurde.
Das Gebiet der Höhle gehört zum Buntsandsteingebiet des Odenwaldes zwischen Miltenberg, Walldürn und Hardheim am nördlichen Hang des Kaltenbachtales nahe der Spritzenmühle.
Umgeben ist der „Schwarze Stein“ von anderen großen Felsbrocken, von Geröll, von wild wuchernden Sträuchern und einem Bach in einem Tal-Einschnitt, in einer sogenannten Klinge. Das Gelände ringsum ist sehr steil und abschüssig.
Übrigbleibsel aus der letzten Eiszeit
Dieses Naturdenkmal im Kaltenbachtal ist Bestandteil des sogenannten Fließgesteins dieser Gegend. Der Fachbegriff lautet "Blöcke" oder "Felsenmeere".
Das Gestein gehört zum mittleren quarzitischen Haupt-Buntsandstein "sm3". Das Material ist äußerst hart, verwittert sehr schwer und bildet vielfach Blockmeere. Diese sind einer Bodenbildung hinderlich und lassen einen regulären Forstbetrieb kaum zu.
Es handelt sich um verkieselte Schichten, die kein grobkörniges, sondern nur feinkörniges Material enthalten.
Die Mächtigkeit beträgt 18 bis 24 Meter. Die Landschaft mit diesem deutlich sichtbaren, ausstreichenden quarzitischen Hauptbuntsandstein zeigt sich in scharfen Geländekanten mit weithin auffallenden Stein-Kanzeln und -gesimsen.
Ein weiteres Beispiel gibt es im Erftal ober- und unterhalb der Breitenau zu sehen. Das tonarme Material dieser sm3-Schicht ist mittel- bis feinkörnig und äußerst stark verkieselt.
Experten sprechen auch von Kristall-Sandstein. Bei Sonnenschein glitzert das Material lebhaft und intensiv.
Natürliche Aufschlüsse finden sich am Schächerstein südlich der Breitenau, die Felskanzeln am Osthand des Kaltenbachtals, südlich von Heppdiel, der Ochsenstein südlich Umpfenbach und im oberen Kaltenbachtal der größere Anschnitt einige hundert Meter südlich von Reinhardsachsen.
Ein Knochenrest fand sich östlich von Kaltenbrunn. Die quarzitische Zone "sm3" ist das Äquivalent für den teilweise vergleichsweise verkieselten HAUPTGERÖLLHORIZONT im Vorderen Odenwald und dem Felsandstein im hessischen Odenwald gleichzustellen.
Während der letzten Eiszeit und einer Auftauphase hat sich die große große Felsplatte zwar etappenweise in Bewegung gesetzt, ist aber hier hängengeblieben.
Erosion und Frost haben aber dem robusten und resistenten Buntsandstein-Brocken so gut wie gar nichts anhaben können.
Heute kann man sich bei einer Wander-Tour darunter unterstellen und vorübergehend ein schützende Bleibe finden.
Menschliche Spuren
Der Felsvorsprung zeigt rußgeschwärzte Spuren: das ist ein Hinweis vielleicht darauf, dass sich Kinder, Jugendliche oder Erwachsene hier einen wärmenden Aufenthalt am Lagerfeuer verschafft haben.
Ob „fahrendes Volk“, Einzelgänger wie Köhler, Bienenzüchter (Zeidler = Waldbienenzüchter) oder Reisende auf der Durchreise sich hier ein kurzeitiges Domizil verschafft haben, ist schriftlich nicht belegbar.
Odenwald-Sagen erzählen von anderen Motiven, warnen vor Spukgestalten in der waldreichen Region, mahnen Reisende zum rechtzeitigen Aufbruch nach Hause vor Beginn der Dämmerung, nehmen aber nicht direkt Bezug zur hiesigen Zigeunerhöhle oder zum Schwarzen Stein.
Seit einigen Jahrzehnten gibt es eine erosionsbedingte Öffnung des Felsen nach oben. Felsen und Gestein haben vielleicht niederschlagsbedingt nachgegeben und ein Loch ins Innere der Höhle erzeugt.
So entbehrt der Schwarze Stein jetzt noch mehr jeglicher Mystik und erscheint nicht mehr so geheimnisvoll: der Odenwälder Himmel lacht einem durch diesen neuzeitlichen Durchguck bei schönem Wetter entgegen.
Von einem älteren Naturliebhaber wurden vor einiger Zeit kleine Treppchen und ein Pfad zur Höhle angelegt. Vor allem im Frühjahr ist der „Schwarze Stein“ durch fehlendes Laub von Weitem gut einsehbar.
Von einem Betreten der Felsendecke muss wegen Einsturzgefahr aber gewarnt werden.
Entdecken lassen sich auch mit Kindern in der Umgebung des Schwarzen Steins noch andere Sehenswürdigkeiten und Attraktionen wie die drei einstigen Mühlengebäude mit ihren Schafen, Ziegen, Pferden und Forellenteichen, alte Bildstöcke, eine Kapelle, sprudelnde Quellen, den plätschernden Kaltenbach, eine einstige wohl mittelalterliche Kleinburg-Anlage und den einen oder anderen Kletterfelsen-Hang.
Fazit: Der Odenwald bietet auch hier im Kaltenbachtal eine Fülle von Wanderwegen und viel Spannendes zum Entdecken.
Autor:Roland Schönmüller aus Miltenberg |
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