Vom Miltenberger Engelwirt, von einem Berndieler Bauern und drei Eichenbühler Meerfräulein

Würden die drei Meerfräulein heute so aussehen?
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SAGENHAFTE SPIELE

Mit drei Sagen haben sich Eichenbühls Grundschüler im Unterricht auseinandergesetzt. Den Dritt- und Viertklässlern der Erftal-Grundschule gefiel der Sagen-Stoff so gut, dass sie die Texte und einstigen mündlichen Überlieferungen nicht nur im Klassenzimmer nachspielten!

„Wie wär’s mit einer Aufführung in der Öffentlichkeit?“ - dachten sie. Gesagt, getan!

An einem Juli- Sonntag bei der Rummeleskerb 2017 war es soweit!

Engagiert und souverän präsentierten die Eichenbühler Schülerinnen und Schüler in Wort, Spiel und Verkleidung im sogenannten Sagenkeller in Rathausnähe ihre drei Sagen-Geschichten und erhielten dafür viel Beifall.

Erftal-Sagenkarte

Für das Schulfest (ein Woche später) entwarfen Eichenbühls Schülerinnen und Schüler schließlich eine meterlange Erftal-Sagenkarte, wo die unheimlichen Geschichten rund um ihren Schulort gespielt haben könnten.

Denn: Sagen lassen sich - im Gegensatz zu Märchen - recht gut lokalisieren. Außerdem haben alle Sagen einen „wahren Kern!“

Davon gibt es demnächst noch weitere Informationen.

Anbei die drei Sagen:

Der Miltenberger Engelwirt

Vor ein paar hundert Jahren war im Gasthaus zum Engel ein Wirt, der mischte Wasser unter den Wein und setzte den gewässerten Trank Tag für Tag seinen Gästen vor.

Wenn ihm aber manchmal doch das Gewissen schlug, suchte er es einzuschläfern mit dem Spruch: "E Schöpple Wein und e Schöpple Wasser gibt auch 'n Schoppen."

So trieb es der Wirt viele Jahre lang. Dann starb er plötzlich, und am übernächsten Tag sollte sein Leichnam begraben werden.

Der Sarg befindet sich schon vor dem Hause auf den zwei Stühlen, und die Trauerleute stehen um die Totenlade. Da flüstern sie einander etwas zu, und schließlich gucken sie alle zum Dachfenster empor; denn dort streckt der Wirt den Kopf heraus und hat die Zipfelmütze auf, wie immer, wenn er zu Lebzeiten hinter der Theke stand.

Eilig bringt man die Lade in den Friedhof, und vier Nachbarn senken sie ins Grab und werfen hastig Erde darüber. Jetzt, denkt man, werde sich der Geist wohl nimmer zeigen und Ruhe finden. Das war aber nicht so.

Er polterte jede Nacht in der Dachkammer des Wirtshauses und murmelte fortwährend den Spruch, den er sich im Leben so oft vorgesagt hatte: "E Schöpple Wein und e Schöpple Wasser gibt auch 'n Schoppen!" Als die Gäste den Lärm vernahmen, übernachtete niemand mehr, und mit der Zeit kam auch keiner mehr in die Wirtsstube.

Da ließ der neue Wirt einen Geisterbanner rufen, der bannte den Geist in einen Krug, und ein beherzter Mann nahm den Krug und brachte ihn auf den Steinertberg, wo er ihn unter einen Felsen stellte. Seitdem war im "Engel" Ruhe.

Nun kam einmal ein Eichenbühler an jenem Felsen vorbei, sah zufällig das Gefäß, holte es hervor und zog, ohne sich etwas dabei zu denken, den Stöpsel heraus.

Hui, da schlüpfte der Geist mit großem Getöse aus dem Krug und fuhr auf den Zitternden los, dem vor Schreck die Haare hochgingen. Und der Geist forderte, dass er ihn augenblicklich ins Wirtshaus zum Engel bringe, sonst würde es ihm schlimm ergehen.

Der Eichenbühler versprach es auch, nur solle der Geist erst wieder in den Krug steigen. Der Geist tat's, und der Mann drückte den Pfropfen fest darauf. Hernach trug er den Steinkrug zurück ins Gasthaus zum Engel, stellte ihn in der Wirtsstube unter die Bank und ging nach einem Trunk seiner Wege.

Morgens, wie die Magd die Stube scheuert, sieht sie den Krug und ruft den Wirt. Der holt den Knecht und verspricht ihm eine Summe Geld, wenn er den Krug wieder auf den Steinertberg bringe und dort eingrabe. Und er solle ja keinem Menschen etwas davon sagen.

So wurde also der Geist des Weinpanschers wieder auf den "Steinen" verbannt. Einige überängstliche Leute meinen, dort gehe er immer noch um und quäle und peinige die Wanderer.

Das kann aber nicht sein; denn er ist ja doch im Krug eingesperrt und dazu noch in der Erde drinnen.

Elfriede Arnold

Quelle: Spessart-Sagen, Valentin Pfeifer, Aschaffenburg 1948, S. 138f

Die drei Meerfräulein

Zu Eichenbühl kamen einst an den langen Winterabenden drei Fräulein, die im Ort fremd waren, in die bäuerlichen Spinnstuben, und sie spannen Flachs mit den Mädchen des Dorfes, sangen die Lieder mit und scherzten und lachten wie die andern auch.

Wenn aber die Uhr gegen Mitternacht wies, nahmen sie ihre Spindeln und gingen fort, ohne dass sie jemand begleiten durfte. Niemand wusste, wohin sie gingen, woher sie kamen und wer sie waren.

Da wollten nun die Eichenbühler Burschen und Mädchen, die sich von Abend zu Abend in den Stuben zusammenfanden, endlich die Herkunft der drei Fremden erfahren. Und sie gebrauchten hiefür eine List, indem sie einmal die Zeiger der Uhr um eine Stunde zurückstellten.

Die drei Fräulein waren wieder gekommen, und sie spannen und sangen und waren fröhlich wie immer. Auf einmal aber - die Uhr schlug eben elf - wurden sie unruhig, erhoben sich voll Hast und eilten zur Tür. Und beim Fortgehen wehklagten sie und meinten, sie würden wohl nie mehr wiederkehren.

Doch solle jemand am andern Morgen ans "Nunne-Brünnle" kommen, und wenn sich darauf kein Blut zeige, so stünde es doch noch gut um sie, und sie würden dann ihre Besuche in den Spinnstuben fortsetzen. Sobald es Tag ward, liefen einige Mädchen des Dorfes hinaus an die Quelle.

Da zeigten sich am Brunnenrande die roten Blutstropfen, von denen die drei Fräulein gesprochen hatten, und jetzt wussten die Dörfler, dass jene nimmer kommen konnten und ihnen Schlimmes zugestoßen sein musste. Von der Zeit an ließ sich keine "Wassernunne" mehr in einer Eichenbühler Spinnstube sehen.

Quelle: Spessart-Sagen, Valentin Pfeifer, Aschaffenburg 1948, S. 141f

Belohnte Guttat

Ein Hofbauer vom Weiler Berndiel hatte im Schippachtal (bei Miltenberg) eine mächtige Eiche stehen, die wollte er eines Tages fällen, und er hatte schon die Axt dazu geschärft und im Schuppen bereitgelegt.

Nun kam in der Nacht ein feuriger Mann vom Walde ans Haus heran, setzte sich auf den Fensterstein und bat den Bauern, die Eiche unversehrt zu lassen, weil sie dem feurigen Mann und seinen Genossen als Sitz diene.

Der Lohn dafür solle nicht ausbleiben. "Ich möchte wissen, wie mich ein feuriger Mann belohnen könnte?" dachte der Berndieler, ließ aber die Axt doch vom Eichbaume.

Einige Tage später fuhr der Bauer in stockdunkler Nacht von Miltenberg heimwärts. Er schlief auf dem Wagen ein, und seine Pferde, die er erst vor kurzem teuer gekauft hatte, waren mit dem Weg noch nicht vertraut, verirrten sich, liefen quer übers Feld, und das Gespann geriet in der Nähe des Weilers Berndiel an einen Steinbruch.

Noch ein paar Schritte weiter - und der Wagen samt dem Bauern wäre in die Tiefe gestürzt. Doch da stand plötzlich der feurige Mann da, hielt die Pferde auf und weckte den Bauern. Der rieb sich die schlaftrunkenen Augen, während der Feurige den Wagen vom Abgrunde weg auf den Weg lenkte.

Erst jetzt erkannte der Bauer die Gefahr, die ihm gedroht hatte, und er dankte dem feurigen Gesell für die Rettung. Der Feuermann verschwand daraufhin lautlos im Buschwald.

Quelle: Spessart-Sagen, Valentin Pfeifer, Aschaffenburg 1948, S. 145f

Autor:

Roland Schönmüller aus Miltenberg

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