Erfolgreiches Integrations-Projekt
"Projekt99" für Jugendliche mit + ohne Migrationshintergrund
Wie schafft man es, Jugendliche, die mit ihren Eltern als Spätaussiedler nach Deutschland kommen, zu integrieren und ihnen sinnvolle Freizeitangebote zu machen? Diese Frage stellte sich Volker Schwender aus Buchen Ende der 90er Jahre. Der damalige Sonderschulkonrektor und Stadtrat suchte dringend nach der Lösung einer dramatischen Problematik im Altkreis Buchen: Wie kann man verhindern, dass gerade unter diesen Jugendlichen der Drogenkonsum und die Drogenkriminalität weiterhin besorgniserregend zunahmen? Die Jugendlichen sahen keine Perspektiven in Deutschland und hatten es schwer, Anschluss zu finden. Es war für sie schwierig, einen guten Schulabschluss zu machen. Und ohne Schulabschluss war es nahezu unmöglich, eine Ausbildung zu beginnen und ins Berufsleben zu starten. „Dem muss entgegengewirkt werden“, sagte sich Volker Schwender und beschloss, etwas zu unternehmen.
Einfache, aber geniale Idee
Seine Idee war so einfach wie genial. „Ich wusste, dass viele russlanddeutsche Jugendliche ´auf Breakdance stehen´. Daher kam mir die Idee, ein Freizeitangebot mit Hiphop und Breakdance auf die Beine zu stellen.“ So gründete er das heutige „Projekt99“ als „Integrations- und Präventionsprojekt Hiphop-Breakdance“ im TSV 1863 Buchen e.V. Das war im Jahr 1999, daher auch der Projektname.
Anerkennung von Leistung fördert Integration
In der Gymnastikhalle der Meister-Eckehart-Schule startete das Projekt ganz unspektakulär. Volker Schwender, der das Projekt bis heute leitet, handelte aus der Überzeugung heraus, dass nur die Anerkennung von Leistung innerhalb des Projektes, aber auch extern durch die Gesellschaft, zunächst die Integrationsbereitschaft und schließlich auch die Integration fördert. Er war beeindruckt, mit wie viel Spaß und Freude sich eine faszinierende Eigendynamik entwickelte, in deren Verlauf die Jungs und Mädchen sich abmühten, durch langes, intensives und schweißtreibendes Training einen „Move“ oder „Powermove“ nach dem anderen zu erlernen. Fortschritte waren stets begleitet von gegenseitiger Anerkennung und Auftritten in der Stadt und im Landkreis. Volker Schwender hielt alles fotografisch fest und berichtete darüber in der Presse, um eine größtmögliche gesellschaftliche Anerkennung zu erreichen.
Erfolg durch Auftritte
Mit den ersten Auftritten kamen auch Erfolge, die die Kids anspornten. „Wir wollen den Durchbruch schaffen – und zwar bundesweit!“, lautete bald ein an den Projektleiter gerichteter Appell. In Kevin Sauer fand Schwender einen hochbegabten Tänzer, Choreografen und Trainer, mit dem er sich fortan die Arbeit teilte: Kevin konzentriert sich zu hundert Prozent auf die Kunst und Schwender auf das Management – mit vollem Einsatz. Heute trainieren über 70 Kinder und Jugendliche im Alter von 5 bis 25 Jahren, ein weiterer ist 29, ein anderer 37 im Projekt99. „Davon sind nach wie vor rund drei Viertel Russlanddeutsche. Mittlerweile haben wir in der Gruppe auch acht junge Ukrainerinnen und Ukrainer“, berichtet Schwender.
Buchen, das internationale Streetdance-Zentrum
Buchen ist mittlerweile ein international bekanntes Streetdance-Zentrum. Die herausragenden Erfolge können sich sehen lassen: seit der Teilnahme an (inter)nationalen Meisterschaften 2008 ertanzten sich vor allem die Gruppen „ConneXion“, „Next Level“ und „X-Cepion“ mehrere Weltmeister- und Vize-Weltmeistertitel, verschiedene Vize-Europameistertitel und über 12-mal den Titel „Deutscher Meister“. Darüber hinaus wurde die „Next Level“-Crew im Dezember 2023 vom indischen „Institute of Technology“ der Universität Mumbai, das seit 30 Jahren das größte asiatische Kulturfestival „Mood Indigo“ organisiert, zu Auftritten nach Mumbai eingeladen, die dann auch begeistert umjubelt wurden. Auch das spanische Fernsehen lud „Next Level“ 2023 zur Teilnahme an der Talentshow „Got Talent España“ ein, wo sie im Juni in Madrid ins Halbfinale tanzten und im November mit dem „Goldenen Buzzer“ ins Finale. Dieses fand im Dezember statt. Übrigens: Sowohl für das Halbfinale als auch für das Finale hatte das spanische Fernsehen sämtliche Flug- und Hotelkosten übernommen.
Volker Schwender weiß, warum das Projekt so erfolgreich ist: „Wir versuchen, den Kindern und Jugendlichen durch interne und externe (= gesellschaftliche) Anerkennung ein Selbstwertgefühl zu vermitteln. Das wiederum erhöht sowohl die tänzerische Motivation als auch die Integrationsbereitschaft. Gleichzeitig hat das Projekt Präventionscharakter, der verhindert, dass Kinder und Jugendliche auf die schiefe Bahn geraten.“
Spenden sichern Überleben des Projekts
Nach wie vor (über)lebt das Projekt nur durch Spenden. Wer dazu beitragen will: TSV 1863 Buchen e.V., IBAN: DE80 6745 0048 0007 0176 76, Verwendungszweck: Spende Hiphop.
Autor:Andrea Kaller-Fichtmüller aus Miltenberg |
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