EAN-Infoveranstaltung mit HWK:
Nachhaltige Energie: PV und E-Mobilität in Handwerksbetrieben
mh. Limbach. Auch das Handwerk, die „Wirtschaftsmacht von nebenan“, ist von den aktuellen Problemen mit extrem gestiegenen Energiepreisen hart getroffen. Maschinen, Heizung, Mobilität – alles hängt damit zusammen. Der Zugriff auf nachhaltige, erneuerbare Energie könnte hier zumindest der Teil einer Lösung sein. Die Energieagentur Neckar-Odenwald (EAN) unter Leitung von Uwe Ristl hat in Zusammenarbeit mit der Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald Handwerksbetriebe am 16. November 2022 zu einem Infoabend in das Dorfgemeinschaftshaus Limbach eingeladen. Zum Themenfeld „Nachhaltige Energie im Handwerk – Photovoltaik und E-Mobilität für Handwerksbetriebe“ fanden im Verlauf drei interessante Vorträge statt.
Limbachs Bürgermeister Thorsten Weber erläuterte bei seinen Grußworten, dass auch seine Gemeinde viel PV-Anlagen im Einsatz habe. Die Anlage auf dem neuen Schulgebäude habe seit März dieses Jahres über 40.000 kWh für den Eigenverbrauch geliefert, über 90.000 konnten an Strombörsen vermarktet werden. Er freute sich über den bundesweiten Trend der steigenden PV-Leistung, nämlich von 42.000 Megawatt in 2018 auf heute 60.000. Auch wolle man das Thema Elektromobilität nach vorne bringen, beispielsweise durch die Bereitstellung von geeigneten Parkplätzen für Investoren.
Martin Sättele, Vizepräsident der Handwerkskammer, verwies bei seinen Grußworten auf den aktuellen Anteil an E-Autos von bundesweit unter 4%. Man brauche mehr intelligente Lade- und Speichertechnik, der überschüssige Strom sei ideal für die E-Mobilität. Auch er vertrat die Ansicht, dass noch mehr PV eingesetzt werden solle. Hier sah er in vielen Bereichen, auch in Bezug auf eine längere Lebensdauer der PV-Module, noch Entwicklungspotential.
Uwe Ristl von der EAN, Organisator und Moderator dieses Abends, freute sich über den guten Besuch und stellte die Referenten vor. Er dankte Claudia Joerg von der Handwerkskammer, Ansprechpartnerin für den Bereich Umwelttechnologie, für die gute Zusammenarbeit bei der Planung dieser Veranstaltung. Den Vortragsbeginn machte Dipl.-Physiker Peter Brönner (EAN): Die Sonne liefere in nur vier Stunden auf die Landoberfläche so viel Energie, wie in einem ganzen Jahr gebraucht würde. Diese Energie gelte es zu nutzen. Er empfahl den Handwerksbetrieben, die eigenen Gebäude einfach im Internet mithilfe des Energieatlas Baden Württemberg (www.energieatlas-bw.de/sonne/dachflachen/solarpotenzial-auf-dachflachen) zu checken. Er erläuterte, dass für die Eigenstromnutzung Dächer mit Ost-West-Ausrichtung sogar besser seien – gleichwohl hätten die klassischen Süddächer den höheren Ertrag. Sogar Norddächer könnten unter bestimmten Voraussetzungen sinnvoll mit PV bestückt werden. Viele Handwerksbetriebe würden sich nach seinen Worten ideal für PV eignen, da tagsüber der meiste Strom verbraucht würde. Die Rentabilität für den Einsatz von Stromspeichern sollte aufgrund des hohen Preises unbedingt vorher durchgerechnet werden. Oftmals helfen kleinere und somit preiswertere Stromspeicher, eingesetzt als „Lastspitzenkappung“, Kosten zu sparen. Diese verhinderten bei kurzzeitigem hohen Strombedarf, dass Energie „von außen“ und somit zu höheren Kosten bezogen werden müsse. Brönners Faustregel: Pro 1000 kWh Stromverbrauch im Jahr ein kWp Photovoltaik-Leistung installieren. Hier könnten die Betriebe mit einer Stromersparnis von rund 50% rechnen. Er zeigte dann Beispiele von verschiedenen Handwerksbetrieben, die erfolgreich zusammen mit PV Kosten reduzieren konnten. U. a. hatte eine Brauerei die Installationskosten noch innerhalb von zehn Jahren amortisiert. Es gäbe Bäckereibetriebe, die die Backzeiten raus aus der Nacht in den Tag geholt hatten. Für Filialisten sei die Ladung der PKW-Flotte mit PV oftmals sehr rentabel. Diese Beispiele sollten, so Brönner, als Anregungen dienen. Vor der konkreten Umsetzung sei es selbstverständlich notwendig, die vorhandenen Gegebenheiten genau zu erfassen, um anschließend eine „Anlage nach Maß“ planen zu können.
Die Kombination von PV und Elektromobilität könnte somit für viele Betriebe lohnenswert sein. Michael Sack, der als geförderte Personalstelle „Nachhaltige Mobilität“ zuständig für die Beratung über Elektromobilität und die Koordination der Ladeinfrastruktur ist, erläuterte die Klimaziele des Landes Baden-Württemberg bis 2030: Der öffentliche Personenverkehr solle verdoppelt werden, ein klimaneutraler Antrieb für jedes zweite Kraftfahrzeug, 20% weniger Kraftfahrzeugverkehr und jeder zweite Weg soll zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt werden. Die Elektromobilität sei, so Sack, eine im Vergleich zum Verbrenner viel effizientere Fortbewegungsmethode. Weniger Lärm und Schadstoffbelastung, keine KFZ-Steuer bis 2030, sie mache Spaß beim Fahren und man könne, falls man über genügend eigenen PV-Strom verfüge, kostengünstig „tanken“. Anschließend erläuterte er die verschiedenen Steckersysteme und möglichen Ladeboxen in Gebäuden. Aktuell seien im Neckar-Odenwald-Kreis 105 öffentlich zugängliche Ladestandorte, man wolle den Ausbau weiter vorantreiben. Die Elektromobilität könne noch mehr, erläuterte Michael Sack. Mithilfe einer „bidirektionalen Wallbox“ könnte das Elektroauto als Stromspeicher dienen und beispielsweise tagsüber bei Sonnenschein die Energie aufnehmen, um diese bei Dunkelheit wieder an den Haushalt abzugeben. Mit dem Verweis auf steuerliche Vorteile spannte er den Bogen zum nächsten Vortrag.
Steuerberater Dirk Schneider von der LGG Stuttgart ging ausführliche auf die verschiedenen steuerlichen Betrachtungen von PV-Anlagen in Handwerk, oftmals in der Kombination aus Geschäfts- und Privatgebäuden, ein. Was hier den Teilnehmern sehr schnell deutlich wurde: Bei der steuerlichen Betrachtung kommt man um eine individuelle Betrachtung eines jeden Betriebes nicht herum, das Themenfeld ist einfach zu komplex. Schneider verwies auf eine „vielleicht kommende deutliche Vereinfachung der steuerlichen Betrachtung von PV-Anlagen“, der Gesetzgeber sei gerade in der Gesetzesfindungsphase. Abschließend ging er auf die unterschiedliche Besteuerung von Firmenfahrzeugen ein, der normalen Besteuerung eins Verbrenners mit einem Prozent stünden ein halbes Prozent bei hybriden und ein viertel bei vollelektrischen PKW gegenüber.
Fragerunde
Bei der anschließenden Diskussionsrunde konnten zahlreiche Fragen erläutert werden. Bezüglich des Kosten-Nutzen-Denkens sei ein Autarkiegrad von rund 50% nach seinen Erfahrungen, so Peter Brönner, eine sehr interessante Lösung. Bei Neubauten sei zwar die Vorschrift, 60% der geeigneten Dachfläche mit PV-Anlage zu bestücken, allerdings nur bis zu einer Kostenhöhe von 10% im privaten und 20% im gewerblichen Bereich bezogen auf die Gesamtbaukosten. Bei E-Autos sei die Reichweite „nach einer Eingewöhnungsphase“ kein Problem mehr, man gewöhne sich an das regelmäßige Laden oder bei Reisen an die Ladepausen. Ob man auf freien Grundstücken Flächen-PV errichten dürfe, hänge vom Bebauungsplan ab – eine Baugenehmigung, so Bürgermeister Weber, sei ohnehin notwendig. Abschließend bedankte sich Uwe Ristl bei den Referenten, dem Gastgeber Limbach und den Teilnehmern. Als EAN stehe man gerne für Rückfragen zur Verfügung.
Autor:Martin Hahn, AWN Buchen aus Buchen |
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