Zeit – entscheidendes Plus bei „9 + 2“
Das Schulmodell „9+2“ an der Parzival-Mittelschule in Amorbach führt Schülerinnen und Schüler in zwei Jahren zur Mittleren Reife
Levi-Maxim Zeller aus Kirchzell und Angelina Gkorochova aus Erlenbach haben den begehrten Abschluss schon in der Tasche, Hanna Homola aus Schneeberg und Zora Borgstädde aus Leidersbach sind derzeit auf dem besten Weg dazu. Alle vier Schülerinnen haben sich dazu entschlossen, den Mittleren Schulabschluss über das Modell „9 + 2“ zu erlangen. Während Levi-Maxim derzeit ein freiwilliges soziales Jahr an ihrer alten Schule in Amorbach absolviert und Angelina derzeit die Fachoberschule (FOS) in Obernburg besucht, stecken Hanna und Zora noch mitten im Lernen. Im nächsten Sommer, wenn weiterhin alles gut läuft, werden sie dann ihre Mittlere Reife bestanden haben.
Eine ganz tolle Chance
Als eine „ganz tolle Chance“ und „Segen“ bezeichnet Schulleiter Ralf Arnold das Modell, das in seiner Schule, der Parzival-Mittelschule in Amorbach, für den gesamten Landkreis angeboten wird. Entsprechend begehrt sind die Plätze, die das Staatliche Schulamt Miltenberg und Schulleiter Arnold jedes Jahr nur in begrenztem Umfang zu vergeben haben. Mit dem Modell „9 + 2“ können Jugendliche in zwei Schuljahren die Mittlere Reife erlangen. Das entscheidende Plus bei diesem Modell ist die Zeit.
„9 + 2“ an Mittelschule Amorbach für gesamten Landkreis
Vor einigen Jahren hat Ralf Arnold zum ersten Mal von der Idee des „9 + 2“-Modells gelesen und ist damit an das Staatliche Schulamt Miltenberg gegangen. Gemeinsam mit einer weiteren Mittelschule im Landkreis hat der Schulleiter einen Antrag gestellt. „Die Entscheidung des Schulamtes fiel dann zugunsten unserer Parzival-Mittelschule in Amorbach“, freut sich Ralf Arnold noch heute über den positiven Entscheid, der durch Umfragen ermittelt wurde.
Mit Fleiß, Wille und Ehrgeiz zum Ziel
„Im September 2014 konnten wir dann die erste ´9 + 2´-Klasse zum Schuljahr 2014/15 anbieten.“ Seitdem hat sich das Modell etabliert und wird von Schülerinnen und Schülern gern angenommen. Das Modell „9 + 2“ führt in zwei Schuljahren statt einem zehnten Schuljahr zur Mittleren Reife. Dieser Schulabschluss entspricht dem M-Abschluss. „Es sind die gleichen Prüfungen“, fügt Ralf Arnold hinzu. „Das Zeugnis, das die Schülerinnen und Schüler am Ende der beiden Jahre in Händen halten, steht in einer Reihe mit den anderen mittleren Schulabschlüssen in Bayern und ist somit auch gleichwertig mit dem Realschulabschluss.“
Für Schüler mit Potenzial
Das Modell „9 + 2“ richtet sich an Schülerinnen und Schüler, die keinen M-Zug einer Mittelschule besuchen, aber dennoch das Potenzial für einen mittleren Schulabschluss haben. Schulleiter Arnold: „Wir erleben häufig, dass es sich beispielsweise um Migrantenkinder mit spät erworbenen Deutschkenntnisssen oder ´Spätzünder´, die erst in der neunten Klasse die Lust am Lernen entdeckt haben, handelt.“ Auch Schülerinnen und Schüler, die längere Übungsphasen brauchen, sind hier genau richtig. „Das entscheidende Plus bei ´9 + 2´ ist nämlich Zeit“, führt Arnold weiter aus. „Der Unterrichtsstoff, der für einen Mittleren Abschluss erarbeitet werden muss, wird bei diesem Modell zeitlich deutlich gestreckt.“
Vertiefung des Lernstoffs
Das sieht dann so aus, dass im ersten Halbjahr der 10. Klasse Wiederholung und Vertiefung des Stoffes der 9. Klasse, vor allem in den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch, auf dem Stundenplan stehen. „So sollen die Schüler an das Leistungsniveau von M9-Schülern herangeführt und die Grundlage für das Weiterlernen auf M10-Niveau geschaffen werden. Außerdem bringen die Kinder oftmals sehr unterschiedliche Voraussetzungen aus ihrer alten Schule mit. Diese gilt es zunächst auf ein Niveau zu bringen.“ Das zweite Halbjahr und die gesamte 11. Klasse dienen dann der Vermittlung der Lerninhalte der M10. In beiden Klassenstufen werden dazu noch jeweils zwei Wochen für Praktika freigehalten. „So ist eine intensivere Berufsorientierung möglich. Da die Kinder meist aus Regelklassen kommen, können sie in diesen Praktika eine Neuorientierung auf Berufe vornehmen, die einen Mittlere-Reife-Abschluss voraussetzen“, so Schulleiter Arnold.
Klassenlehrerprinzip
Ebenfalls ganz wichtig ist für Schulleiter Ralf Arnold das Klassenlehrerprinzip. „Dadurch werden die Kinder intensiv begleitet, was förderlich für die Klassengemeinschaft und jeden einzelnen ist.“ Wöchentliche Übungs- und Intensivierungsstunden sorgen für eine weitere Vertiefung und Festigung des Lernstoffs. Dazu kommt das Wahlpflichtfach Technik-Wirtschaft-Soziales und wahlweise auch noch Buchführung. „So werden gute Grundlagen für die heutige Arbeitswelt gelegt.“
Positive Erfahrungen
„Natürlich müssen einige grundlegende Dinge erfüllt sein, wenn jemand in die ´9 + 2´-Klasse übertreten möchte“, berichtet Arnold weiter. „So ist für die Anmeldung, die derzeit noch bis zum 24. Juli läuft, ein bestandener Qualifizierender Mittelschulabschluss, der sogenannte Quali, nötig. Erforderlich ist ein Gesamtnotendurchschnitt von 2,5 oder besser aus allen Quali-Fächern.“ Doch auch wer diesen Durchschnitt nicht hat, kann sich bei Schulleiter Ralf Arnold melden. „In begründeten Fällen kann von diesem Durchschnitt abgewichen werden.“ Wer nicht aus einer 9. Regelklasse kommt, kann ein Beratungsgespräch vereinbaren. „Und schließlich kommt es auf jede einzelne Schülerin und jeden einzelnen Schüler selbst an“, so Ralf Arnold abschließend. „Mit Fleiß, Lerneifer, Wille und Ehrgeiz kommt jede und jeder an das Ziel. Unsere Erfahrungen der letzten Jahre seit der Einführung sind sehr positiv. ´9 + 2´ ist ein Erfolgsmodell, das ich an unserer Schule nicht mehr missen möchte!“
Weitere Informationen:
Schulmodell „9 + 2“
Ansprechpartner:
Schulleiter Ralf Arnold
Parzival-Mittelschule Amorbach
Tel. 0 93 73/15 68
E-Mail: verwaltung@ms-amorbach.de
Internet: www.ms-amorbach.de
Das sagen Schulleiter, Schülerinnen und Eltern zu "9 plus 2":
Schulleiter Ralf Arnold, Parzival-Mittelschule Amorbach: „Wir haben sehr positive Erfahrungen mit dem Modell ´9 + 2´ gemacht. Im letzten Jahr waren die drei Schulbesten mit Mittlerer Reife aus dieser Klasse.“
Hanna Homola aus Schneeberg besucht derzeit die VK1 der „9 + 2“ in Amorbach: „Das Schulmodell ´9+2´ finde ich entspannter, deshalb habe ich mich dafür entschieden, um meine Mittlere Reife zu erlangen. Dadurch, dass es auf zwei Jahre aufgeteilt ist, ist nicht so viel Druck vorhanden. Am Modell gefällt mir eigentlich alles gut. Unser Klassenklima ist prima und die Lehrer nehmen sich viel Zeit, um die Dinge mit uns zu besprechen. Am Anfang war es zwar etwas schwierig, weil ich niemanden kannte, aber wir haben miteinander geredet und uns dann recht schnell als Klasse zusammengefunden. Mir macht es auf jeden Fall viel Spaß!“
Zora Borgstädde aus Leidersbach besucht derzeit die VK1 der „9 + 2“ in Amorbach: „Eigentlich wollte ich Schreinerin werden, vorher aber auf jeden Fall meinen Realschulabschluss machen. Die M-Klasse war mir zu unsicher. Mein damaliger Lehrer erzählte mir von dem Modell ´9 + 2´ und empfahl es mir. Daher habe ich mich dafür entschieden, denn die Aufteilung des Lernstoffs für die Mittlere Reife auf zwei Jahre erschien mir sicher. Besonders gut finde ich jetzt, dass der Stoff nicht auf einmal durchgenommen wird. Das Niveau ist zwar höher als vorher, das merkt man schon, aber es ist nicht so stressig. Wir haben mehr Zeit und noch keinen Prüfungsstress wie die M-Schüler. Mein Anfahrtsweg aus Leidersbach ist auch sehr lang, aber er ist die Sache auf jeden Fall wert.“
Levi-Maxim Zeller aus Buch bei Kirchzell hat im letzten Schuljahr ihre Mittlere Reife im Modell „9 + 2“ bestanden: „Am Ende der 9. Klasse habe ich mich noch nicht bereit für eine Ausbildung gefühlt. Außerdem wusste ich noch nicht, was ich später machen möchte. Wichtig war mir aber, meinen Realschulabschluss und später auch das Abitur zu bestehen. Aus diesen Gründen war die ´9 + 2´ perfekt für mich. Das Positive an diesem Modell ist, dass man, anders als bei der M10, zwei Jahre statt nur einem Jahr Zeit hat, um die Mittlere Reife zu erlangen. Diese zwei Jahre waren die besten Schuljahre, die ich je hatte. Die Konstellation aus freiwilligen Schülern hat dazu beigetragen, dass wir ein ganz tolles Klassenklima hatten. Mit Frau Morsch hatten wir auch eine super Lehrerin, die uns immer wieder angespornt hat, die Jahre durchzuziehen!
Natürlich waren die beiden Jahre nicht immer einfach, aber mit viel Spaß am Lernen und die dadurch folgenden guten Noten, habe ich immer mehr Motivation bekommen!
Derzeit absolviere ich ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Parzival-Mittelschule und der Wolfram-von-Eschenbach Grundschule und möchte daran anschließend auf die Helene-Weber-Schule in Buchen wechseln und dort mein Abitur machen.“
Angelina Gkorochova aus Erlenbach hat im letzten Schuljahr ihre Mittlere Reife im Modell „9 + 2“ bestanden: „Die Klasse ´9 + 2´ wurde mir nach dem Quali empfohlen. Ich war Zweitbeste an meiner Schule, konnte aber noch nicht so gut Deutsch. Daher war dieses Modell mit der Verteilung auf zwei Jahre für mich eine gute Idee. Es war anspruchsvoller als in der Hauptschule, aber ich hatte die Chance, mich einzusetzen und mein Deutsch zu verbessern. Es hat mir gut gefallen. Nachteilig war nur, dass ich früh aufstehen musste, weil Amorbach von uns aus weit weg ist. Es hat sich aber gelohnt, denn wir hatten eine gute Klassengemeinschaft, in der ich mich wohlgefühlt habe. Es sind Freundschaften fürs Leben entstanden. Frau Morsch war zudem eine der besten Lehrerinnen meiner Schullaufbahn. Sie hat mein Schulleben geprägt, denn sie hat uns motiviert und uns gezeigt, dass jeder auf seine Art einzigartig ist. Wir haben viel Unterstützung erfahren und konnten Selbstbewusstsein entwickeln. Ich war jedenfalls sehr glücklich und zufrieden an dieser Schule. Jetzt besuche ich die Fachoberschule in Obernburg und möchte Abitur machen.“
Bianca Borrmann aus Großheubach hat zurzeit eine Tochter in der VK1-Klasse „9 + 2“: „Ich finde das Modell ´9 + 2´ richtig klasse. Es ist gut geeignet für Kinder, die einen langsameren Weg gehen, um sich Lerninhalte anzueignen. Jedes Kind bekommt hier eine Chance. Unsere Tochter Lea hat sich im letzten Jahr nach einem guten Zeugnis selbst für diese Klasse entschieden, weil ihr der Zeitfaktor wichtig war. Sie hat sich seitdem positiv entwickelt und geht gerne zur Schule. Für mich als Mutter ist es auch wichtig, dass die Lehrer stets ein offenes Ohr haben und zuhören, denn die Zeit dafür ist bei ´9 + 2´ einfach da.“
Simone Borgstädde aus Leidersbach hat zurzeit Tochter Zora in der VK1-Klasse „9 + 2“: „Für unser Kind war das Modell ´9 + 2´ die beste Alternative, weil hier das 10. Schuljahr entzerrt wird. Für Zora kam früher der M-Zug nicht in Frage, weil die Noten nicht passten und ihr die Freunde wichtiger waren. Sie hat etwas mehr Zeit gebraucht, war dann aber Schulbeste an ihrer Schule. Da sie einen höheren Schulabschluss anstrebte, haben wir etwas gesucht, worauf sie aufbauen kann. Daher haben Zora und wir uns für ´9 + 2´ entschieden. Sie kommt dort super mit, das Lernen ist genau ihr Tempo. Die Entscheidung war absolut richtig.“
Regina Schäfer aus Schneeberg: „Mein Sohn hat im letzten Schuljahr seine Mittlere Reife mit dem Modell ´9 + 2´ gemacht. Das war insgesamt überaus positiv für uns alle, Negatives gab es gar nicht. ´9 + 2´ ist eine gute Möglichkeit für Kinder, die in der 5. oder 6. Klasse noch nicht so weit sind und erst später realisieren, dass sie mehr können und wollen. Leon hat erst in der 8. Klasse gemerkt, dass er mehr als den Quali machen möchte. Daher war ´9 + 2´ wie ein Sprungbrett für ihn. Die Klasse selbst war zwar wild zusammengewürfelt, aber Leon hat sehr schnell Freunde gefunden, weil die Jugendlichen in der Klasse insgesamt schon reifer waren. Inzwischen besucht er das Wirtschaftsgymnasium in Walldürn.“
Silke Carusotto aus Klingenberg: „Meine Tochter hat im letzten Schuljahr ihre Mittlere Reife mit dem Modell ´9 + 2´ abgeschlossen. Wir haben damit sehr positive Erfahrungen gemacht. Die Klasse hat vom ersten Tag an gut harmoniert. Die Kinder haben zusammengehalten, obwohl sie sich vorher nicht kannten. Die Lehrerin hat sich durchgesetzt, war aber trotzdem fürsorglich. Das Modell ist sehr gut für Kinder, die ein bisschen mehr Zeit brauchen und auch Gefahr laufen, in der Masse unterzugehen. Das ist bei ´9 + 2´ nicht der Fall. Ich kann es nur empfehlen, weil die Kinder etwas mehr Luft haben und dadurch der Druck nicht so hoch ist. Den langen Fahrtweg zur Schule hat unsere Tochter gerne in Kauf genommen. Sie und wir haben die Entscheidung für dieses Schulmodell nicht bereut.“
Autor:Andrea Kaller-Fichtmüller aus Miltenberg |
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