Werders Backhaus im Profifußball angekommen: „Schmerzhafte Lerneinheit“ bei Volendam

Michael Zetterer benötigte einige Jahre, um sich den Stammplatz im Tor des SV Werder Bremen zu erkämpfen. Erst in der abgelaufenen Saison verdrängte der 28-Jährige die langjährige Nummer eins Jiri Pavlenka (32) dauerhaft auf die Bank. Während mit dem Tschechen ein Torhüter die Bremer verlassen wird, wartet mit Mio Backhaus in der kommenden Saison ein neuer Herausforderer auf Zetterer. Einer, der mit großem Selbstvertrauen an die Weser zurückkehren wird, schließlich hat sich der 20-Jährige während seiner einjährigen Leihe beim FC Volendam zu einem der stärksten Torhüter der Eredivisie entwickelt. Bei Transfermarkt spricht Backhaus über seine vergangene Herausforderung – und seine Ambitionen bei seinem Ausbildungsverein.

Orange steht in der klassischen Farbenlehre für Lebensfreude, Neugier und Selbstvertrauen. Für Mio Backhaus steht die Farbe Orange für einen wichtigen Abschnitt in seiner Karriere. Orange ist die Vereinsfarbe des niederländischen FC Volendam, jenem Verein, bei dem Backhaus als Leihspieler des SV Werder Bremen in den zurückliegenden zwölf Monaten vom Nachwuchstalent zum Top-Keeper in der Eredivisie reifte. „Die vergangene Saison lässt sich nicht innerhalb von wenigen Sätzen erklären. Für mich war die Zeit in den Niederlanden absolut positiv. Nicht jeder junge Torhüter bekommt die Chance, sofort bei einem Erstligisten als Nummer eins starten zu dürfen. Deshalb bin ich extrem dankbar für die Möglichkeit, die mir Volendam geboten hat“, macht der Keeper gleich zu Beginn klar.

Backhaus färbte sich zum Saisonabschluss die Haare orange und verabschiedete sich so auf eine ganz besondere Art bei den Volendam-Fans: „Eigentlich hatte ich vor, mir die Haare nur bei Erreichen des Klassenerhalts zu färben. Aber ich wollte mich trotz des verpassten Ziels bei den Fans bedanken. Über die gesamte Spielzeit wurden wir unglaublich unterstützt und das war trotz der schwierigen Situation nicht selbstverständlich.“ Der Schritt zum Eredivisie-Aufsteiger hatte Backhaus durchaus Überwindung gekostet, schließlich hatte der gebürtige Mönchengladbacher seit Sommer 2018 ausschließlich für den SVW gespielt und bei den Norddeutschen sämtliche Nachwuchsmannschaften durchlaufen.

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Eine wichtige Rolle für den Wechsel und die anfängliche Entwicklung spielte der damalige Volendam-Trainer Matthias Kohler. „Seit meiner Jugend spiele ich bei Werder. Bremen ist für mich eine Komfortzone – und die zu verlassen, war nicht leicht. Aber die Vorfreude ist damals mit jedem Gespräch, das ich mit Matthias Kohler geführt habe, weiter gestiegen“, erzählt Backhaus, der voll des Lobes für seinen Ex-Coach ist, der Anfang Dezember 2023 gehen musste: „Matthias ist ein unfassbar guter Trainer, der weiß, wie er seine Mannschaft abholen kann. Bei jeder Trainingseinheit bezieht er seine Spieler voll mit ein und teilt ihnen seine Gedanken mit. Wenn wir mit einem Weg nicht klargekommen sind, hat er uns verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt, wie wir das Ziel dennoch erreichen.“

Kohler selbst traut Backhaus eine große Karriere zu und sagt: „Mio ist ein mitspielender Torwart, der durch seine Fähigkeiten am Ball, gepaart mit dem nötigen Mut, eine Mannschaft mit Lösungen in der Spieleröffnung bereichert. Er kann beidfüßig sowohl kurz im Überzahlspiel als auch lang mit einem guten Schlag eröffnen, um höherstehende Gegner zu überspielen. Durch seine offene, herzliche Art und den Willen, dort, wo es nötig ist, mehr zu investieren, verschafft er sich schnell Respekt und Vertrauen.“

Die Wertschätzung und das Vertrauen für und in Backhaus zeigte sich von Beginn an, denn Kohler machte direkt deutlich, dass das Torwart-Talent die neue Stammkraft sein würde. Eine Situation, die bei Backhaus Freude, aber auch Nervosität hervorrief. Diese Nervosität zeigte sich insbesondere in den ersten Saisonspielen: Backhaus wirkte unsicher, es hagelte Kritik von den Fans und Medien. „Natürlich lastet auf einem Torhüter mehr Druck, und dementsprechend muss man frühzeitig erwachsen werden, da man viel Verantwortung übernimmt. Leider schaut man bei Torhütern traditionell eher auf die Fehler, die sie machen, anstatt auf ihre Paraden. Ich habe eine Zeit lang gebraucht, um anzukommen und mich auf die neuen Gegebenheiten einzustellen“, sagt er.

Backhaus patzte und wurde mit „vielen negativen Nachrichten“ konfrontiert

Backhaus weiter: „Ich erinnere mich an die Partie gegen Nijmegen (3:3 Anfang November; d. Red.). Dort habe ich zwei katastrophale Fehler gemacht und wir haben den sichergeglaubten Sieg aus der Hand gegeben. Nach dem Spiel ist mein Instagram-Account explodiert mit vielen negativen Nachrichten. Für mich war das eine schmerzhafte Lerneinheit, die mir aber gezeigt hat, dass ich in sämtlichen Bereichen an mir arbeiten muss.“ Der Schlussmann legte sofort damit los und bekämpfte akribisch seine Schwächen. Er stellte aber auch seine Stärken noch mehr in den Vordergrund und gewann so weiteres Selbstvertrauen.

„Ich habe an vielen Stellschrauben gedreht. Ich habe noch mehr den Kontakt zum Trainerteam gesucht, noch mehr Zeit auf dem Platz investiert. Mittlerweile komme ich als Erster und gehe als Letzter. Eine wichtige Rolle spielt auch mein Mentaltrainer. Mir ist bewusst geworden: Du kannst noch so gut mit den Händen und den Füßen sein. Aber wenn du deinen Kopf nicht unter Kontrolle bekommst, kannst du nicht gewinnen. Ich konzentriere mich in einem Spiel nur noch auf die nächste Parade. Es ist egal, ob die vorherige Parade gut oder schlecht war – die nächste ist immer die wichtigste. Für mich war es die elementarste Lerneinheit, sich bewusst zu machen, dass die Balance aus Lockerheit und Anspannung vor und während eines Spiels unabdingbar ist“, betont der deutsche U20-Nationalspieler.

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Das Spiel gegen Top-Team Feyenoord (0:0, Anfang April) ist ihm als positiver Meilenstein besonders im Gedächtnis geblieben: „Davor hatte ich bereits drei, vier Partien in Folge sehr gut gespielt, aber gegen Feyenoord war das noch mal ein anderes Level. Ab da an wusste ich: Jetzt bin ich zu hundert Prozent im Profifußball angekommen. Es hat sich ein Selbstverständnis entwickelt, wie ich in einer Partie zu agieren habe“, erklärt die Werder-Leihgabe.

Fortan ging die Entwicklung für Backhaus nur noch in eine Richtung – nach oben. Mit jeder Parade, mit jedem absolvierten Spiel nahm die Kritik ab. Mit der Zeit entwickelte er sich zu einem geschätzten Torhüter in der Liga und wurde zuletzt mit einem Marktwert-Plus von 700.000 Euro auf eine Mio. Euro belohnt. Die Zeit in den Niederlanden hat ihm geholfen, ein Spiel noch besser lesen zu können und unterschiedliche Stürmertypen zu kategorisieren. Besonders ein Offensivakteur ist ihm dabei in Erinnerung geblieben: „Mittlerweile kann ich die gegnerischen Stürmer besser einschätzen, sei es bei der Schusstechnik oder beim Bewegungsablauf. Der für mich beste Stürmer in der Liga war Luuk de Jong. Der macht für seine Mannschaft außerhalb des Strafraums wenig, aber wenn er in der Box an den Ball kommt, ist er gnadenlos“, lacht Backhaus.

Während es durchaus gang und gäbe zu sein scheint, dass Leihspieler während ihrer Ausleihe nichts von ihrem Stammverein hören, erlebte Backhaus das komplette Gegenteil. Insbesondere mit Werders Torwarttrainer Christian Vander stand der Youngster im ständigen Austausch: „Ich habe mich über die gesamte Leihe nicht alleine gefühlt. Jede Woche haben wir mindestens einmal telefoniert. Wenn ich einen Ratschlag gebraucht habe, war Christian immer für mich da. So etwas zeichnet halt Werder aus.“

Auf eine zusätzliche Erfahrung im Abstiegskampf hätte der Jungprofi gerne verzichtet, wenngleich diese lehrreich war. Über die gesamte Saison ging es für den Klub vom IJsselmeer um den Klassenerhalt. Der mit mit 19 Punkten auf Tabellenplatz 17 schlussendlich nicht erreicht werden sollte. „Rein vom finalen Ergebnis her war die Saison natürlich eine Katastrophe. Ich hätte mir extrem gewünscht, dass wir irgendwie den Klassenerhalt geschafft hätten. Bezogen auf meine Person habe ich allerdings extrem viel lernen dürfen. Besonders das Annehmen von maximalen Drucksituationen wird mir auf meinem zukünftigen Weg helfen. Deshalb bin ich froh, dass ich gleich zu Beginn meiner Karriere damit konfrontiert wurde“, sagt Backhaus.

Nicht nur in der Eredivisie konnte der Torwart wichtige Erfahrungen sammeln, sondern auch bei der deutschen U20-Nationalmannschaft. Ob er auch in Zukunft das DFB-Tor hüten wird, wird sich zeigen, weil der japanische Fußballverband ebenfalls starkes Interesse an dem Talent zeigt. „Erst mal freut und ehrt es mich, dass sich der japanische Fußballverband um mich bemüht. Aktuell kann und will ich jetzt noch keine Entscheidung treffen, die trifft man nämlich nicht von heute auf morgen. Die Entscheidung wird mir nicht leichtfallen, weil ich mich gleichermaßen als Deutscher und Japaner fühle und entsprechend beide Länder in meinem Herzen trage“, meint Backhaus. Anstatt Orange werden fortan die Farben Grün und Weiß sein Leben bereichern. Bei Werder möchte er den nächsten Schritt gehen und zu Einsätzen in der Bundesliga kommen. Doch dafür bedarf es zunächst Geduld. Schließlich gilt Zetterer als gesetzt im Bremer Kasten.

Mio Backhaus spricht über Barça-Gerüchte und Zukunft bei Werder

Gerüchten zufolge hat der ruhmreiche und künftig von Hansi Flick trainierte FC Barcelona ein Auge auf Backhaus geworfen. Werders designierter Sportchef Clemens Fritz stellte Ende Mai gegenüber der „Deichstube“ aber umgehend klar: „Wir haben kein Interesse daran, ihn abzugeben.“ Der Torhüter selbst sagt: „Die Barça-Gerüchte habe ich natürlich auch vernommen und habe anschließend unfassbar viele Nachrichten bei WhatsApp und Instagram erhalten. Solche Gerüchte sind ehrlicherweise immer schön. Mein Fokus liegt jedoch vollkommen auf Werder. Ich weiß, dass ‚Zetti‘ eine gute Saison gespielt hat, aber ich komme mit einem klaren sportlichen Ziel zurück nach Bremen. Ich will, wie jeder ambitionierte Torwart, natürlich die Nummer eins werden. Ich habe Bock auf die neue Saison und werde entsprechend im Training agieren.“

Autor:

Christian Kuster aus Alzenau

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