Die vergessene Tasche
Ein Abend im Gewölbekeller Convenartis - Wertheim
Die vergessene Tasche
(Eine epische Sauftour im Klostergewölbe von Wertheim)
Im Nebel der Nacht,
dieser feuchten Literaten-Trunkenheit,
schreiten sie ein,
wie Könige des Chaos –
Gerardus, der Prosecco-Profi,
und Stefanie, die beschwipste Baronin,
in ihrem ganz persönlichen Märchenland,
genannt Convenartis.
Schon am Eingang knistert die Luft,
das Kellergewölbe riecht nach
altem Stein,
Literatur-Glorie
und einer feinen Note Prosecco-Schaum.
Gerardus –
fein rausgeputzt,
mit einem Hauch von „Ich bin die Hauptfigur“
in seinem Gang,
schnurstracks Richtung Bar:
Da steht sie.
Bernadette.
Die Göttliche.
Mit Augen, die einen ins Nirvana schicken,
und Händen,
die den Prosecco wie göttlichen Nektar reichen.
Zack, eins, zwei Gläser rein!
„Für Stefanie!“, ruft er gönnerhaft.
Aber wir wissen es besser.
Stefanie, schon blau wie die IKEA-Tasche,
hat längst aufgegeben,
dem Tempo des Barons zu folgen.
„Bernadette, oh Bernadette!“ murmelt er,
der alte Schlingel,
und prostet sich innerlich zu.
Die anderen Literaten?
Ach, die sind nur Statisten.
Hier zählt:
Baron Gerardus,
die Bühne,
und die Bar.
Zweite Runde.
Die Pausenzeit –
kaum ausgerufen,
schon sprintet unser Held wieder los,
als ginge es um den olympischen Goldpokal
im „Wer kriegt am meisten Gläser vor Ablauf der Pause?“.
Prosecco hier, Tauber-Franken da.
„Mmmmh… so fein“,
grinst er,
während Stefanie leise kichert
und den dritten Schluck ihres Glases abwehrt,
wie ein Boxer die letzte Runde.
Die Lesungen laufen weiter,
doch Gerardus?
Der sieht nur noch Bernadette.
Ihre Hände,
wie sie den Wein einschenken,
ihre Aura,
die den ganzen Keller ausfüllt.
Er denkt sich:
„So eine Frau muss Zeus höchstpersönlich
aus dem Olymp geklaut haben.“
Finale.
Applaus!
Endlich Schluss!
Gerardus, längst auf flüssigem Autopilot,
torkelt auf die Bühne,
ein blutrotes Glas in der Hand.
„Noch ein Foto, bitte!“
Die Kamera klickt.
Der Baron posiert wie ein Superstar,
der das Nobelpreis-Wochenende mit einer Flasche Korn
begangen hat.
Doch dann,
nach dem letzten Schluck,
den letzten Geschichten,
und der letzten,
sehr letzten Weisheit,
geht’s nach Hause.
Die Baronin schwankend.
Der Baron?
Felsenfest.
Ein Mann, ein Held, ein Mythos.
Zuhause –
der große Moment.
„Wo ist meine Tasche?“
Stefanie schaut ihn an,
mit dem Blick, der Kriege startet
und Männer in die Knie zwingt.
„Welche Tasche?“
„Na, meine Tasche! Laptop, Portemonnaie, Ausweis… alles!
Scheiße!“
Doch wie ein leuchtender Stern
erscheint eine Nachricht von Nadine,
zweite Vorsitzende,
Engel der Rettung.
„10.30 Uhr,
PÜNKTLICH wie der Tod.
Hol sie ab.“
Und so geschieht’s.
Der nächste Morgen –
ein Kater der Extraklasse,
aber die Tasche sicher.
Bernadette,
Nadine –
Göttinnen,
die den Baron und seine Frau
vor dem Untergang bewahrten.
„Das schreibe ich auf“, sagt Gerardus,
mit der Inbrunst eines Betrunkenen,
der sich für Dostojewski hält.
„Für die Nachwelt. Für Bernadette.
Für Nadine.“
Und vielleicht auch ein bisschen
für den nächsten Prosecco.
Autor:Gerardus Wilhelmus Theodorus Cornielje Baron von Sachsen aus Wertheim |
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